125 JahreSektion Gera (6,86 MB)
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ßerst steilen Abstieg, der auch auf bestgenagelten,<br />
festen Bergstiefeln unmöglich<br />
zu machen ist, beginnt eine kurze, für<br />
Schwindelfreie leichte Felskletterei, und<br />
bald ist der Felsturm der Hohen Warte<br />
erreicht.<br />
Die Aussicht von der kleinen beschränkten<br />
Gipfelfl äche in der Richtung des Silltales<br />
gegen Nordwesten ist großartig, und<br />
man kann bei klarem Wetter Innsbruck<br />
liegen sehen, aber auch nach den anderen<br />
Seiten bietet dieser beherrschende Punkt<br />
vorzügliche Nah- und Fernblicke.<br />
Vom Turm aus zieht sich gegen das<br />
sogenannte „Steinerne Lamm“ eine<br />
Felsrippe hin, welche mit Vorsicht, aber<br />
nicht zu schwer erreicht wird. Von dort<br />
aus auf den bequemen Schmirner Weg<br />
gekommen, gelangt man sodann zur<br />
<strong>Gera</strong>er Hütte. Steigt man jedoch von<br />
der erwähnten Felsrippe direkter über<br />
die Kalkwandschroffen und gegen die<br />
Alpeiner Ochsenalpe ab, so ist große<br />
Vorsicht geboten, denn diese blumigen<br />
Felsabstürze sind nicht ungefährlich,<br />
obgleich botanisch sehr interessant. Besonders<br />
sind hier Edelraute und seltenere<br />
Pedicularisarten zn fi nden, und wenn<br />
man sich bemüht, recht geräuschlos zu<br />
gehen, dann kann man sich unbemerkt<br />
der Kolonie der da zahlreich auf der Alterer<br />
Alm vorhandenen Murmeltiere nähern<br />
und sich am Anblick dieser äußerst<br />
scheuen Tierchen erfreuen.<br />
Ofer und ich nahmen von hier aus den<br />
weiteren Weg über die Stirnmoräne des<br />
Wildlahner Kees, um möglichst vom<br />
Schmirner Weg aus einen Zugang nach<br />
dem Tuxer Joch zu erkunden. Hierbei<br />
hatten wir das Glück, ein Rudel Gemsen<br />
zu beobachten, welches vor uns fl üchtend<br />
ein sehr steiles Kar gegen den Kleinen<br />
Kaserer durcheilen wollte. Eine derselben<br />
trat indessen fehl und stürzte, sich<br />
rückwärts mehrmals überschlagend, ab.<br />
Wir glaubten schon an den Tod derselben,<br />
aber sie raffte sich wieder auf und<br />
enteilte in wilder Flucht, den anderen<br />
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Tieren folgend, unseren Blicken, indem<br />
sie nun glücklicher denselben Weg<br />
nahm. Obwohl wir über die Hochfl äche<br />
der Frauenwand das Tuxer Joch erreichten,<br />
so scheint mir doch ein Weg über die<br />
von mir besuchte Gegend nicht Aussicht<br />
auf Beständigkeit zu haben. Vielleicht böten<br />
sich weiter oben unter der Spitze des<br />
Kl. Kaserer bessere Stellen, obgleich auch<br />
hier der Weg immerhin durch Wetter gefährdet<br />
sein wird.<br />
Als ich am 23. August 1900 von Gries a. Br.<br />
wieder nach dem Valser Tale zurückkehrte,<br />
hörte ich von der Frau des Bergführers<br />
Joh. Ofer, dass meine Bestellung an deren<br />
Mann, da dieser bereits eine anderweite<br />
Partie übernommen hatte, keinen Erfolg<br />
gehabt hatte, da er bereits mit Herrn<br />
Dr. Schäffer aus Bremen am vorhergehenden<br />
Tage zur <strong>Gera</strong>er Hütte und zum<br />
Olperer aufgestiegen sei, und deshalb<br />
meine Begleitung nicht übernehmen<br />
konnte. Sie überbrachte mir deshalb freudestrahlend<br />
meinen Eispickel, welchen<br />
ihr Mann für mich aufbewahrt hatte.<br />
Es war ein schwüler, heißer Vormittag,<br />
und ich ging, um zu photographieren,<br />
in die am Wege liegende Tscheisch-Alpe,<br />
um später nach der <strong>Gera</strong>er Hütte aufzusteigen.<br />
Dort kam ich am Nachmittag an<br />
und blieb wegen des düsigen Wetters,<br />
trotzdem drei Führer dort waren, auf der<br />
Hütte über Nacht. Keiner von uns Anwesenden<br />
hatte eine Ahnung, daß nahe bei<br />
uns bereits am frühen Morgen sich ein<br />
fürchterliches Unglück ereignet hatte<br />
und Ofer und Dr. Schäffer in eine Gletscherspalte<br />
gestürzt sein könnten. Wir<br />
waren genug bergkundige und mit allen<br />
nötigen Hilfsmitteln ausgerüstete Männer<br />
und wären sofort zur Hilfeleistung<br />
aufgebrochen, wenn wir vom Unglück<br />
gewusst hätten.<br />
Am nächsten Tage ging ich über die Alpeiner<br />
Scharte zur Dominicus-Hütte und<br />
von da über das Schönbichler Horn zur<br />
Berliner Hütte. Trotz unserer Nachfrage<br />
konnte uns keine Auskunft über den