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Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich. Empirische ...

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Qualitative Primärerhebungen<br />

Gegenüber relativ e<strong>in</strong>heitlich gestalteten Arbeitsverträgen bei öffentlichen Auftraggebern<br />

<strong>und</strong> Fällen der (vorab so vere<strong>in</strong>barten) unentgeltlichen Mitarbeit <strong>in</strong> Non-Profit-<br />

Organisationen ersche<strong>in</strong>en die <strong>in</strong> diesem Projekt gesammelten neun Graduiertenpraktika<br />

<strong>in</strong> Unternehmen als überdurchschnittlich prekär. E<strong>in</strong>schränkend zu erwähnen ist hier<br />

erstens, dass die vorgef<strong>und</strong>enen Fälle aufgr<strong>und</strong> des kle<strong>in</strong>en Samples ke<strong>in</strong>e Repräsentativität<br />

für <strong>Praktika</strong> <strong>in</strong> Unternehmen beanspruchen können. Zweitens s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Beispiele<br />

von Tra<strong>in</strong>eeship-Programmen <strong>in</strong> großen Unternehmen enthalten, die <strong>in</strong> der Regel besser<br />

entlohnt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die, wie von mehreren Befragten berichtet wurde, auf die Rekrutierung<br />

von „High Potentials“ <strong>in</strong> den letzten Semestern e<strong>in</strong>es Studiums abzielen <strong>und</strong> weniger<br />

auf bereits Graduierte. (Im Kapitel <strong>Praktika</strong> bei Studierenden konnten auch Personen<br />

<strong>in</strong> solchen Konstellationen befragt werden). Drittens war der Suchfokus <strong>in</strong>sbesondere<br />

auf e<strong>in</strong>schlägige „Problembranchen“ gerichtet, u.a. auf die Medien- <strong>und</strong> Kommunikationsbranche.<br />

In zwei der neun <strong>Praktika</strong> <strong>in</strong> Unternehmen existierte ke<strong>in</strong> Arbeitsvertrag, ebenfalls<br />

zweimal wurden Honorare ausbezahlt, <strong>und</strong> <strong>in</strong> fünf Fällen handelte es sich um Dienstverhältnisse<br />

bzw. um Verträge, die Dienstverträgen zum<strong>in</strong>dest ähnlich se<strong>in</strong> dürften. Abgesehen<br />

von zwei deutlich besser entlohnten Fällen (Forschungsbetrieb, Immobilienfirma)<br />

lag die Bezahlung <strong>in</strong> den sieben verbleibenden Graduiertenpraktika zwischen null<br />

<strong>und</strong> maximal 600 Euro, bei e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Arbeitszeit, die nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unbezahlten<br />

Fall unter 20 Wochenst<strong>und</strong>en lag. Typisch für diese geschilderten <strong>Praktika</strong> <strong>in</strong><br />

Beratungsunternehmen (dreimal), Verlagen (dreimal) <strong>und</strong> Medienbetrieben (e<strong>in</strong>mal)<br />

s<strong>in</strong>d dagegen <strong>in</strong>transparente Beschäftigungsformen mit bescheidener oder gänzlich fehlender<br />

Entlohnung. Auf die Situation <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Verlagen wurde schon h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

Gratismitarbeit (zweimal) oder e<strong>in</strong> marg<strong>in</strong>ales Honorar von 200 Euro (e<strong>in</strong>mal) dürften<br />

<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzschwachen Betrieben der Verlagsbranche verbreitet se<strong>in</strong> <strong>und</strong> zudem e<strong>in</strong>e Art<br />

Stützpfeiler zur Aufrechterhaltung des jeweiligen Geschäftsmodells. Allerd<strong>in</strong>gs wissen<br />

jene, die dort anheuern, um die begrenzten Möglichkeiten, die e<strong>in</strong> Verlag bieten kann –<br />

<strong>und</strong> drängeln sich dennoch um die zum<strong>in</strong>dest monetär wenig attraktiven Jobs.<br />

Davon zu unterscheiden s<strong>in</strong>d Unternehmen, die durchaus Gew<strong>in</strong>ne erwirtschaften <strong>und</strong><br />

dennoch (oder eben deshalb) auf möglichst kostengünstige Arbeit von jungen Hochschulabsolventen/-absolvent<strong>in</strong>nen<br />

setzen. Stellvertretend für derartige Strategien bzw.<br />

die ger<strong>in</strong>ge Arbeitsmarktmacht von Graduierten <strong>in</strong> bestimmten Berufsfeldern schildert<br />

Lotte, Publizistikabsolvent<strong>in</strong>, ihre e<strong>in</strong>monatige Tätigkeit <strong>in</strong> der Onl<strong>in</strong>e-Redaktion e<strong>in</strong>er<br />

österreichischen Tageszeitung. Geme<strong>in</strong>sam mit vier weiteren <strong>Praktika</strong>nten/<strong>Praktika</strong>nt<strong>in</strong>nen<br />

wurde Lotte im Sommer 2010 für e<strong>in</strong>en befristeten Zeitraum von drei Monaten<br />

rekrutiert, <strong>in</strong>sbesondere deshalb, weil die Onl<strong>in</strong>e-Redaktion der Zeitung im Zuge der<br />

Fussball-Weltmeisterschaft Kapazitäten <strong>in</strong> der Sport-Redaktion bündelte <strong>und</strong> folglich <strong>in</strong><br />

anderen Ressorts unterbesetzt war. Die ursprünglich zugesicherte Entlohnung von ca.<br />

900 Euro pro Monat für etwa 30 Wochenst<strong>und</strong>en journalistische Recherche <strong>und</strong> Abfassung<br />

von Texten entpuppte sich genauso als Luftschloss wie der vorab vere<strong>in</strong>barte<br />

dreimonatige Zeitraum (mit der vagen Option auf Weiterbeschäftigung). Die Aushändigung<br />

e<strong>in</strong>es Arbeitsvertrags stockte, <strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>igen Wochen fand Lotte heraus, dass<br />

die Tätigkeit nur auf e<strong>in</strong> Monat anberaumt war (den Zeitraum der WM) <strong>und</strong> zudem ü-

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