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Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich. Empirische ...

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Qualitative Primärerhebungen<br />

gut ausgebildete Jungakademiker/-akademiker<strong>in</strong>nen vom E<strong>in</strong>fordern ihnen zustehender<br />

Rechte aus dem Arbeitsverhältnis absehen, sei dies nun aus e<strong>in</strong>em Informationsmangel<br />

(etwa <strong>in</strong> punkto kollektivvertraglich festgelegter Gehaltsuntergrenzen) oder aufgr<strong>und</strong><br />

des als unverhältnismäßig e<strong>in</strong>geschätzten Aufwands zur Rechtsdurchsetzung, lässt sich<br />

anhand der Auswertung der Interviews mit Graduierten bestätigen. Ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Person<br />

im Graduierten-Sample zog ernsthaft <strong>in</strong> Erwägung, rechtliche Schritte dem Arbeitgeber/der<br />

Arbeitgeber<strong>in</strong> des Praktikums gegenüber e<strong>in</strong>zuleiten bzw. um entsprechenden<br />

Rechtsbeistand anzusuchen. Als Hauptgr<strong>und</strong> dafür vermuten wir, dass es angesichts der<br />

Befristung von Graduiertenpraktika auf wenige Monate (bis auf den öffentlichen Dienst,<br />

wo für e<strong>in</strong> Verwaltungspraktikum zwölf Monate üblich s<strong>in</strong>d) zu aufwändig <strong>und</strong> zu aussichtslos<br />

ersche<strong>in</strong>t, selbst Schritte zu unternehmen – bei zugleich zu wenig materiellem<br />

Ertrag im Fall e<strong>in</strong>es positiven Urteils. Zudem fehlt neben dem ausreichenden Wissen<br />

um die eigenen Rechte auch die Energie dafür, die ja <strong>in</strong> der kritischen Phase des akademischen<br />

Berufse<strong>in</strong>stiegs zuallererst dafür <strong>in</strong>vestiert werden muss, e<strong>in</strong>en regulären bzw.<br />

ausbildungsadäquaten Job zu f<strong>in</strong>den.<br />

Vergleichbares lässt sich über das sozialversicherungsrechtliche Wissen der Befragten<br />

sagen bzw. über Strategien, vor <strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>em Praktikum darauf zu achten, dass z.B.<br />

Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung vorhanden s<strong>in</strong>d. Bei etwa der Hälfte der 20<br />

analysierten <strong>Praktika</strong>, d.h. bei sechs unbezahlten, zwei über Honorare entgoltenen <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>igen im Ausland absolvierten Tätigkeiten, bestand während <strong>und</strong> folglich auch nach<br />

der Praktikumszeit ke<strong>in</strong> entsprechender Anspruch, weshalb die Befragten unmittelbar<br />

danach entweder auf e<strong>in</strong>en nächsten bezahlten Job, Unterstützung der Eltern (oder e<strong>in</strong>es<br />

Partners/Partner<strong>in</strong>) bzw. auf e<strong>in</strong> Ansuchen um soziale M<strong>in</strong>destsicherung angewiesen<br />

waren bzw. s<strong>in</strong>d (Letzteres hatte e<strong>in</strong>e Gesprächspartner<strong>in</strong> <strong>in</strong> Erwägung gezogen). Doch<br />

auch vor der E<strong>in</strong>willigung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Praktikum kümmern sich die Befragten relativ wenig<br />

um sozialversicherungsrechtliche Aspekte, v.a. deshalb, weil Sozialversicherung bislang<br />

für viele ke<strong>in</strong>e ernsthafte Bedeutung hatte (waren sie doch bei ihren Eltern mitversichert),<br />

<strong>und</strong> erst jetzt, d.h. nach Abschluss des Studiums, relevant wird. Beispielsweise<br />

berichtet e<strong>in</strong>e Interviewpartner<strong>in</strong>, dass sie <strong>in</strong> der Abschlussphase ihres Studiums <strong>und</strong><br />

noch darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Buchhandlung beschäftigt war. Nach fünf Monaten kündigte<br />

sie dort, um für e<strong>in</strong> Monat e<strong>in</strong> unbezahltes Praktikum anzutreten, das wiederum<br />

als „Vorleistung“ für den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das anvisierte Berufsfeld geplant war. Hätte sie nur<br />

e<strong>in</strong>en Monat später gekündigt, hätte sie auch Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung<br />

gehabt, was ihr so verwehrt geblieben ist.<br />

An dieser Stelle lässt sich auch die bereits mehrfach aufgeworfene Frage e<strong>in</strong>grenzen, <strong>in</strong><br />

welchen Diszipl<strong>in</strong>en sich die am schlechtesten bezahlten <strong>Praktika</strong> häufen: Weiter oben<br />

wurde angeführt, dass (nur) sieben von 15 Befragten ke<strong>in</strong>er geistes-, sozial- oder kulturwissenschaftlichen<br />

Studienrichtung zuzuordnen s<strong>in</strong>d. Diese Personen s<strong>in</strong>d es auch,<br />

die – relativ – besser bezahlte Graduiertenpraktika verrichten. Nur e<strong>in</strong> Gratispraktikum<br />

<strong>und</strong> nur zwei der mit maximal 600 Euro entgoltenen <strong>Praktika</strong> fallen auf die Personen<br />

mit wirtschafts- oder naturwissenschaftlichem Abschluss, die sich ansonsten durchwegs<br />

<strong>in</strong> den etwas besser bezahlten Stellen wieder f<strong>in</strong>den.

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