Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich. Empirische ...
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Sek<strong>und</strong>äranalysen<br />
Fortsetzung e<strong>in</strong>es Studiums) reagiert haben dürften. Formen der studentischen Erwerbsarbeit<br />
s<strong>in</strong>d zusammengefasst ke<strong>in</strong> Randphänomen des österreichischen Arbeitsmarktes,<br />
sondern im Gegenteil gelten Studierende als großer Pool an günstigen Arbeitskräften,<br />
den viele Betriebe flexibel zu nutzen wissen.<br />
Das mittlerweile heftig <strong>in</strong> der Kritik stehende österreichische Hochschulsystem bzw. die<br />
Versäumnisse <strong>in</strong> der Hochschulpolitik (Hochschulf<strong>in</strong>anzierung bzw. Studienplatzbewirtschaftung<br />
angesichts überlaufener Massenfächer) haben <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den am<br />
häufigsten gewählten Studienrichtungen 15 zu gravierenden Engpässen aufgr<strong>und</strong> heillos<br />
überlaufener Kurse <strong>und</strong> ungünstiger Betreuungsrelationen geführt. Ob man e<strong>in</strong>en benötigten<br />
Kurs belegen kann oder nicht, gleicht nicht selten e<strong>in</strong>em Lotteriespiel, weshalb<br />
die zügige Bewältigung des Studiums, möglichst frei von unverschuldeten Unterbrechungen,<br />
immer schwieriger wird. Dazu kommt, dass das heimische Stipendiensystem<br />
schwach ausgebaut ist: nur 25% der Studierenden beziehen e<strong>in</strong>e staatliche Studienbehilfe<br />
(dagegen z.B. <strong>in</strong> Holland 80%), die im Durchschnitt ca. 375 Euro ausmacht (Unger et<br />
al. 2010: 303). International bereits geläufige F<strong>in</strong>anzierungssysteme auf Basis günstiger<br />
Studentenkredite, die dazu beitragen können, die Studiendauer durch die ger<strong>in</strong>gere Abhängigkeit<br />
vom Arbeitsmarkt zu beschleunigen, s<strong>in</strong>d bislang ke<strong>in</strong> Diskussionsthema<br />
gewesen.<br />
Nun wird hier ke<strong>in</strong>eswegs der möglichst stroml<strong>in</strong>ienförmigen Absolvierung e<strong>in</strong>es<br />
Hochschulstudiums das Wort geredet, ganz im Gegenteil ist berufliche Praxis be<strong>in</strong>ahe<br />
jedweder Art (bzw. auch ehrenamtliche Tätigkeit) sehr wertvoll, um Erfahrung zu sammeln<br />
bzw. unterschiedliche Arbeitswelten kennen zu lernen. Allerd<strong>in</strong>gs trägt die gegenwärtige<br />
Lage <strong>in</strong> überlaufenen Studienrichtungen dazu bei, dass Studierende mehr als<br />
im wünschenswerten Ausmaß gezwungen s<strong>in</strong>d, kont<strong>in</strong>uierlich irgendwelche Jobs<br />
zwecks F<strong>in</strong>anzierung der Lebenshaltungskosten anzunehmen. H<strong>in</strong>zuzufügen ist, dass<br />
dieser Status Quo mit Studierenden als billigem Arbeitskräftereservoir nicht nur im Interesse<br />
vieler Arbeitgeber/Arbeitgeber<strong>in</strong>nen ist, sondern auch Kernsegmente von Arbeitnehmern/Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen<br />
davon profitieren können: E<strong>in</strong>e hohe Anzahl von Studierenden<br />
bedeutet e<strong>in</strong>erseits ger<strong>in</strong>geren Andrang auf dem „regulären“ Arbeitsmarkt;<br />
andererseits s<strong>in</strong>d viele Studierende, die auf (Gelegenheits-)Jobs angewiesen s<strong>in</strong>d, atypisch<br />
beschäftigt, weshalb sie als Flexibilitätspuffer wiederum die „Normalerwerbsverhältnisse“<br />
der betrieblichen Kernbelegschaften schützen.<br />
15 Anzahl der Erstsemestrigen <strong>in</strong> den am häufigsten gewählten Studienrichtungen im W<strong>in</strong>tersemester<br />
2009/2010 (Die Presse, 19.9.2010): Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften (4.990), Rechtswissenschaften<br />
(4.840), Publizistik / Kommunikationswissenschaft (2.350), Pädagogik (2.220), Psychologie<br />
(2.170), Wirtschaftsrecht (2.040), Biologie (1.830), Anglistik / Amerikanistik (1.750), Deutsche Philologie<br />
(1.600), Architektur (1.520), Informatik (1.490), Humanmediz<strong>in</strong> (1.400), Wirtschaftswissenschaften<br />
(1.390), Betriebswirtschaft (1.280), Übersetzung / Dolmetsch (1.270), Geschichte (1.220),<br />
Politikwissenschaft (1.220), Pharmazie (1.040), Soziologie (1.010), Theater-, Film- u. Medienwissenschaft<br />
(930).