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Die gesamte Reise 2008

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Wir nehmen uns für 12,- € eine Führerin,<br />

die uns eine Stunde lang durch die Reste<br />

dieser alten Stadt führt. Sie spricht gut<br />

englisch und erzählt uns auch etwas<br />

über ihr Leben und das heutige<br />

Tunesien.<br />

Sie selbst ist Berberin und hier<br />

aufgewachsen. Ihr Großvater hatte noch<br />

auf dem damals noch verschütteten<br />

Ausgrabungsgelände in Zelten gelebt.<br />

Ihnen wurde dann anderes Land<br />

zugeteilt und eine kleine Entschädigung<br />

gegeben. Ihr Vater hatte noch an den<br />

Ausgrabungen teilgenommen. Dass sie<br />

jetzt als Führerin arbeitet, war ihren<br />

Eltern gar nicht recht. Sie hatten Angst, dass sie lüstern angeblickt und begrapscht werden<br />

könnte. Ihren Ehemann hat sie nur unter der Prämisse geheiratet, hier weiterarbeiten zu können.<br />

Sie erzählte uns weiter, dass in Tunesien alle Menschen – ob Männer oder Frauen – vor<br />

dem Gesetz gleich seien, dass das jedoch in der Praxis häufig ganz anders aussehe. Häufig<br />

bestimmen die Eltern oder der Ehemann noch, was eine junge Frau machen darf und was<br />

nicht. Ihr bleibt dann natürlich die Möglichkeit weg zu gehen – aber wo hin? Einige Mädchen<br />

gehen dann zu ihren Großeltern. Wir erzählten ihr dann von unseren Beobachtungen an der<br />

Uni in Tunis. Darauf antwortete sie, dass dort die Eltern und Verwandten weit weg seien – fahren<br />

sie doch wieder nach Hause, ist häufig alles beim Alten. Seit fünf Jahren können auch<br />

Frauen in der Armee dienen.<br />

Sie bestätigte auch, dass der Durchschnittsverdienst in Tunesien umgerechnet 180,- bis 250,-<br />

€ betragen würde. Damit kann man so gerade leben – aber ohne Kleidung etc.<br />

Nachdem wir in einer kleinen Stadt in einem Restaurant, in dem viele liebende Pärchen in einer<br />

Art Hinterzimmer Händchen hielten, gegessen hatten, machten wir uns auf den Weg nach<br />

Chemtou.<br />

Chemtou war in römischer Zeit eine Stadt in der Provinz Africa proconsularis. Der Ort war vor<br />

allem für seine Steinbrüche bekannt, in denen geäderter, gelblich-rötlicher numidischer<br />

Marmor abgebaut wurde.<br />

<strong>Die</strong> Siedlung lag an der Kreuzung<br />

zweier wichtiger Straßen (von<br />

Karthago nach Hippo Regius und<br />

von Thabarca nach Sicca Veneria).<br />

Unter römischer Herrschaft begann<br />

im 1. Jahrhundert v. Chr. der Gesteinsabbau<br />

in großem Stil. Marmor<br />

numidicum war in der römischen<br />

Oberschicht als Luxusartikel gefragt.<br />

Er war für kaiserliche Prunkbauten<br />

begehrt und wurde nach Rom verfrachtet.<br />

Von der Stadt waren die<br />

Steinbrüche durch eine Mauer getrennt.<br />

Sie bildeten ein regelrechtes<br />

Ghetto – mit einem im Westen befindlichen<br />

Verwaltungsgebäude, im<br />

Osten liegenden Werkstätten und einem<br />

hermetisch abgeriegelten Unterbringungsgebäude für Strafgefangene in der Mitte. <strong>Die</strong><br />

Arbeit in den Steinbrüchen war beschwerlich, unfallträchtig und endete nicht selten tödlich. Es<br />

wurden daher Zwangsarbeiter eingesetzt. Häufig waren dies nach der Zeitenwende verfolgte<br />

Christen, die ihrem Glauben nicht abschwören wollten und deshalb vom Richter „zu den<br />

Steinbrüchen“ verurteilt wurden.

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