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WALSERSPRACHE - The four main objectives of the Alpine Space ...

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WALSER WÖRTERBÜCHER – LUXUS ODER NOTWENDIGKEIT?<br />

Unterfangen. Hier werden zudem Sprachen, so gut als noch möglich, zu<br />

ihren Ursprüngen zurückgeführt, indem man gleichzeitig ihre jahrhundertelangen<br />

Entwicklungen, Beeinflussungen und Veränderungen festzuhalten<br />

versucht.<br />

Somit sind all diese Wörterbücher mehr als blosse<br />

«Momentaufnahmen», denn sie beinhalten auch ein Nachdenken über die<br />

Entstehung und den Werdegang einer Sprache. Und sie provozieren geradezu<br />

eine Frage: Warum kommt man erst am Ende des 20. Jahrhunderts<br />

auf die Idee, die Sprachen einer alpinen Minderheit für sich und für kommende<br />

Generationen aufzuzeichnen und festzuhalten? Wenn man dieses<br />

Phänomen genauer betrachtet, kann man feststellen, dass es um mehr<br />

geht als nur um Sprachbewahrung und -erhaltung. Hier werden im besten<br />

Sinne kulturpolitische Anliegen manifest, denn die Muttersprache bildet<br />

letztlich das Rückgrat einer Heimat, deren Eigenarten und Eigenheiten in<br />

zunehmendem Masse bedroht oder zu einem Teil bereits zerstört sind.<br />

Oder wie es Ina-Maria Greverus ausdrückt: «Angesichts der Verödung<br />

unserer Welt wird der Dialekt fast zum einzigen Medium, in dem noch so<br />

etwas wie ‘Heimat’ stattfindet.» Goe<strong>the</strong> hat es vor 200 Jahren ähnlich ausgedrückt,<br />

indem er erklärte, der Dialekt sei «das Element, aus welchem<br />

die Seele ihren Atem» schöpfe.<br />

Natürlich können wir nicht feststellen, was die Verfasser unserer zehn<br />

Wörterbücher jeweils dazu bewogen hat, eine jahre- oder gar jahrzehntelange<br />

Arbeit auf sich zu nehmen. Der kürzlich verstorbene französische<br />

Regisseur Roger Planchon hat einmal erklärt, die Menschheit benötige<br />

dieses Sammeln des alten Kulturgutes als eine «Sicherheit», denn sie habe<br />

Angst, im 21. Jahrhundert zu zerbrechen oder gar zu verschwinden:<br />

«Deshalb müssen wir uns sagen können: Wir haben im Verlaufe der<br />

Jahrtausende hervorragende Dinge geschaffen. Dies ist die pessimistische<br />

Version. Die optimistische lautet anders: Wir sammeln alles, um eine Art<br />

von Bilanz zu ziehen, auf der man dann in anderer Weise aufbauen und<br />

neu beginnen kann.»<br />

Haben unsere Autorinnen und Autoren, die meist als letzte überhaupt<br />

dazu fähig waren, einen Wortschatz gesammelt und interpretiert, weil sie<br />

Angst hatten, dieser könnte schon bald verschwinden? Oder haben sie ihre<br />

grossen Anstrengungen für einen Neubeginn unternommen? Mitgespielt hat<br />

vermutlich beides.<br />

3. IST DER DIALEKT DIE «GEHEIMSPRACHE» EINER MINDERHEIT?<br />

Einen wichtigen Aspekt dürfen wir nicht übersehen: Wörterbücher sind<br />

keine Sprachkonserven! Sie sind vielmehr Zeugnisse stetiger Veränderung<br />

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