Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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472 Edmund Hufferl, [106<br />
halten« (d. 1. eben »retiniert«), und dank diefer Retention ift ein<br />
Zurückblicken auf das Fibgelaufene möglich; die Retention felbft ift<br />
kein Zurückblicken, das die abgelaufene Pbafe zum Objekt mac:bt:<br />
indem ich die abgelaufene Phafe im Griff habe, durchlebe ich die<br />
gegenwärtige, nehme fie — dank der Retention — »hinzu« und bin<br />
gerichtet auf das Kommende (in einer Protention).<br />
Fiber weil ich fie im Griff habe, kann ich den Blick darauf lenken<br />
in einem neuen Akt, den wir — je nachdem das abgelaufene Erleben<br />
fich noch in neuen Urdaten forterzeugt, alfo eine Impreffion<br />
ift, oder bereits abgefcbloffen als Ganzes »in die Vergangenheit<br />
rückt« — eine Reflexion (immanente Wahrnehmung) oder Wiedererinnerung<br />
nennen. Diefe Fikte ftehen <strong>zur</strong> Retention im Verhältnis<br />
der Erfüllung. Die Retention ift felbft kein »Akt« (d. h. eine in<br />
einer Reihe von retentionalen Phafen konftituierte immanente Dauereinheit),<br />
fondern ein Momentanbewußtfein von der abgelaufenen<br />
Phafe und zugleich Unterlage für das retentionale Bewußtfein der<br />
nädiften Phafe. Indem jede Phafe die voranliegende retentional<br />
bewußt hat, befcbließt fie in einer Kette von mittelbaren Intentionen<br />
die gefamte Reihe der abgelaufenen Retentionen in fich: eben dadurch<br />
konftituieren eh die Dauereinheiten, die durch die Vertikalreihen<br />
<strong>des</strong> Zeitdiagramms wiedergegeben werden, und die die Objekte<br />
der rückfchauenden Akte find. In diefen Akten kommt mit der<br />
konftituierten Einheit (z. B. dem dauernd retentional erhaltenen<br />
unveränderten Ton) die Reihe der konftituierenden Phafen <strong>zur</strong> Gegebenheit.<br />
Der Retention verdanken wir es alfo, daß das Bewußtfein<br />
zum Objekt gemacht werden kann.<br />
Man kann nun die Frage aufwerfen: wie fteht es mit der Finfangsphafe<br />
eines ficb konftituierenden Erlebniffes? Kommt fie auch<br />
nur auf Grund der Retention <strong>zur</strong> Gegebenheit und würde fie »unbewußt«<br />
fein, wenn fich keine Retention daran fcblöffe? Darauf ift<br />
zu fagen: zum Objekt werden kann die finfangsphafe nur nach<br />
ihrem Ablauf auf dem angegebenen Wege, durch Retention und<br />
Reflexion (bzw. Reproduktion). Aber wäre fie nur durch die<br />
Retentiom, bewußt, fo bliebe es unverftändlid), was ihr die Fluszeichnung<br />
als »Jet« verleiht. Sie könnte allenfalls negativ unterfchieden<br />
werden von ihren" Modifikationen als diejenige Phafe, die<br />
keine voranliegende mehr retentional bewußt macht; aber fie ift<br />
ja bewußtfeinsmäßig durchaus pofitiv (barakteefiert. Es ift eben<br />
ein Unding, von einem »unbewußten« Inhalt zu fprecben, der erft<br />
nachträglich bewußt würde. Bewußtfein ift notwendig Bewußtf<br />
ein in jeder feiner Phafen. Wie die retentionale Phafe die voran-