Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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400 Edmund Hufferl, (34<br />
Wahrnehmung ift alfo hier ein Fiktcharakter, der eine Kontinuität<br />
von Fiktcharakteren zufammenfd)ließt und durch den Befit jener<br />
idealen Grenze ausgezeichnet ift. Eine ebenfoldx Kontinuität ohne<br />
diele ideale Grenze ift bloße Erinnerung. Im idealen Sinne wäre<br />
dann Wahrnehmung (Impreflion) die Bewußtfeinsphafe, die das reine<br />
Jett konftituiert, und Erinnerung jede andere Phafe der Kontinuität.<br />
Fiber das ift eben nur eine ideale Grenze, etwas Fibftraktes , das<br />
nichts für (ich fein kann. Zudem bleibt es dabei, daß auch diefes<br />
ideale Jett nicht etwas toto coelo Verfchiedenes ift vom Nicht-Jett,<br />
fondern kontinuierlich fid) damit vermittelt. Und dem entfpricht<br />
der kontinuierliche Übergang von Wahrnehmung zu primärer Erinnerung.<br />
§ 17. Wahrnehmung als felbftgebender Fikt<br />
im Gegenfat <strong>zur</strong> Reproduktion.<br />
Der Wahrnehmung oder Selbftgebung der Gegenwart, die ihr<br />
Korrelat hat im gegebenen Vergangenen, tritt nun ein anderer<br />
Oegenfat gegenüber, der von Wahrnehmung und Wiedererinnerung,<br />
fekundärer Erinnerung. In der Wiedererinnerung »erfcheint« uns<br />
ein Jett, aber es »erfcbeint« in einem ganz anderen Sinne, als in<br />
dem das Jett in der Wahrnehmung erfcheint 1). Diefes Jett 1 f t<br />
nicht »wahrgenommen«, cl. h. felbft gegeben, fonder<br />
n vergegenwärtig t. Es ftellt ein Jett vor, das nicht<br />
gegeben ift. Und ebenfo ft ellt der FibIauf der Melodie in der<br />
Wiedererinnerung ein »foeben vergangen« vor, gibt es<br />
aber nicht. Fluch in bloßer Phantafie ift je<strong>des</strong> Individuelle<br />
ein zeitlich irgendwie Extendiertes, bat fein Jett, fein Vorher und<br />
Nachher, aber das Jett, das Vorher und Nachher ift ein bloß eingebildetes<br />
wie das ganze Objekt. Hier fteht alio ein ganz an<br />
derer Wahrnehmungsbegriff in Frage. Wahrnehmung<br />
ift hier der Fikt, der etwas als es felb ft v o r i ugen ftellt, der<br />
likt, der das Objekt ur fp rüngli ch k o n ft Unier t. Das Gegenteil<br />
ift Vergegenwärtigung, Re - Präfentation als der Pikt, der<br />
ein Objekt nicht felbft vor /lugen ftellt, fondern eben v ergegenwärtigt,<br />
gleichfam im Bilde vor ilugen ftellt, wenn auch nicht<br />
gerade in der Weife eines eigentlichen Bildbewußtfeins. Hier i ft<br />
von einer kontinuierlichen Vermittlung der Wahrnehmung<br />
mit ihrem Gegenteil gar keine Rede. Vor-<br />
1) Vgl. Beilage II: Vergegenwärtigung und Pbantafie. — Impreffion und<br />
Imagination, S. 452.