Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
392 Edmund Huffeil, 126<br />
§ 12. Retention als eigentümliche Intentionalität.<br />
Nach bleibt näher zu erörtern, welcher litt die Modifikation<br />
ift, die wir als retentionale bezeichneten.<br />
Man fpricht von abklingen, Verblaffen ufw. der Empfindungsinhalte,<br />
wenn eigentliche Wahrnehmung in Retention übergeht. Nun<br />
ift es aber fcbon nach den bisherigen Flusführungen klar, daß die<br />
retentionalen »Inhalte» gar keine Inhalte im urfprünglidben Sinne<br />
find. Wenn ein Ton abklingt, fo ift er felbft zunächft mit befort.<br />
derer Fülle (Intenfität) empfunden, und daran fcbließt fich ein<br />
rafches Nachlaffen der Intenfität. Der Ton fit noch da, iftnod)empfun.<br />
den, aber im bloßen Nachhall. Diefe echte Tonempfindung ift<br />
unterfcheiden von dem tonalen Moment in der Retention. Der reten.<br />
tionale Ton ift kein gegenwärtiger, fondern eben im 3et3t »primär<br />
erinnerter»: er ift im retentionalen Bewußtfein nicht reell vorhanden.<br />
Das tonale Moment, das zu diefem gehört, kann aber auch<br />
nicht ein reell vorhandener anderer Ton fein, auch nicht ein fehr<br />
fchwacber qualitätsgleicher (als Nachhall). Ein gegenwärtiger Ton<br />
kann zwar an einen vergangenen erinnern, ihn darftellen, verbild.<br />
lichen; das aber fett fcbon eine andere Vergangenheitsvorftellung<br />
voraus. Die Vergangenheitsanfchauung felbft kann nicht Verbild.<br />
lidning fein. Sie ift ein originäres Bewußtfein. Es fon natürlich<br />
nicht geleugnet werden, daß es Nachklänge gibt. aber wo wir fie<br />
erkennen und unterfcheiden, da können wir bald konftatieren, daß<br />
fie nicht etwa <strong>zur</strong> Retention als folcher gehören, fondern <strong>zur</strong> Wahrnehmung.<br />
Der Nachklang <strong>des</strong> Geigentones ift eben ein fchwad)er<br />
gegenwärtiger Geigenton und ift von der Retention <strong>des</strong> eben ge.<br />
wefenen lauten Tones fchlechthin verfd)leden. Das Nachklingen felbft,<br />
die Nachbilder überhaupt, die von den ftärkeren Empfindungsgegeben.<br />
heften <strong>zur</strong>ückbleiben, haben mit dem Wefen der Retention gar nichts<br />
zu tun, gefchweige denn, daß fie notwendig ihm zu<strong>zur</strong>echnen wären.<br />
Wohl aber gehört es zum Wefen der Zeitanfcfmmung, daß fie<br />
in jedem Punkt ihrer Dauer (die wir reflektiv zum Gegenftand<br />
machen können) Bewußtfein vom eben Ge wef enen ift und nicht<br />
bloß Bewußtfein vom Jetpunkt <strong>des</strong> als dauernd erftheinenden Gegen.<br />
ftändlichen. Und in diefem Bewußtfein ift das eben Gewefene in<br />
gehöriger Kontinuität bewußt, und in jeder Phafe in beftimmter<br />
»Erfcheinungsweife» mit den Unterfchieden von »Inhalt» und >auf»<br />
faffung«. Man achte auf die eben ertönende Dampfpfeife: in jedem<br />
Punkt fteht eine Extenfion da und in einer Extenlion die »Erfcheinung«,<br />
die in jeder Phafe diefer Extenfion ihr Qualitätsmoment<br />
und ihr Fluffaffungsmoment hat. Findererfeits ift das Qualitäts.