Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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65) Vorlefungen <strong>zur</strong> Phänomenologie <strong>des</strong> <strong>inneren</strong> Zeitbewußtfeins. 431<br />
§38. Einheit <strong>des</strong> Bewußtfeinsfluffes und Konftitution<br />
von Gleichzeitigkeit und Folge).<br />
Mit der Konftitution folcher immanenten Objekte, ihrem Erwachfen<br />
aus immer neuen Urempfindungen und Modifikationen haben<br />
wir uns früher bereits befchäftigt 2). In der Reflexion finden wir<br />
nun einen einzigen Fluß, der in viele Flüffe zerfällt; diefe Vielheit<br />
hat aber doch eine Einheitlichkeit, die die Rede von einem Fluß<br />
zuläßt und fordert. Wir finden viele Flüffe, fofern viele Reihen<br />
von Urempfindungen anfangen und enden. Fiber wir finden eine<br />
verbindende Form, fofern für alle nicht nur gefondert das Gefet<br />
der Umwandlung von Jett in Nichtmehr und andererfeits von Noch»<br />
nicht in Jett ftatthat, vielmehr fo etwas wie eine gemeinfame Form<br />
<strong>des</strong> Jett, eine Gleichheit überhaupt im Flußmodus befteht. Mehrere,<br />
viele Urempfindungen find »auf einmal«, und wenn jede fließt, fo<br />
fließt die Vielheit »zugleich« und in völlig gleichem Modus, mit<br />
völlig gleichen litftufungen, in völlig gleichem Tempo: nur daß die<br />
eine im allgemeinen aufhört, während die andere noch ihr Nochnicht,<br />
nämlich ihre neuen Urempfindungen vor ficb hat, die die<br />
Dauer <strong>des</strong> in ihr Bewußten noch fortfeten. Oder beffer befchrieben:<br />
die vielen Urempfindungen fließen und verfügen von vornherein<br />
über diefelben Fiblaufsmodi, nur feten fich die Urempfindungsreihen,<br />
die konftitutiv find für dauernde immanente Objekte, verfcbieden<br />
weit fort, der verfchiedenen Dauer der immanenten Objekte entfprechend.<br />
Sie machen nicht alle in gleicher Weife von den formalen<br />
Möglichkeiten Gebrauch. Die immanente Zeit konftituiert ficb als<br />
eine für alle immanenten Objekte und Vorgänge. Korrelativ ift das<br />
Zeitbewußtfein vom Immanenten eine filleinheit. fillumfaffend ift das<br />
»Zurammen«, »Zugleich« der aktuellen Urempfindungen, allumfaffend<br />
das >Vorhin«, »Vorangegangenfein« aller eben vorangegangenen<br />
Urempfindungen, die ftete Umwandlung je<strong>des</strong> Zufammen von Urempfindungen<br />
in ein folches Vorhin; diefes Vorhin ift eine Kontinuität,<br />
und jeder ihrer Punkte ift eine gleichartige, identifcbe Fiblaufsform<br />
für das gefamte Zufammen. Es unterliegt das ganze<br />
»Zufammen« von Urempfindungen dem Geien, daß es fich in ein<br />
ftetiges Kontinuum von Bewußtfeinsmodis, von Modis der fibgelaufenheit<br />
wandelt, und daß in derfelben Stetigkeit ein immer neues Zufammen<br />
von Urempfindungen originär entfpringt, um. ftetig wieder<br />
in Fibgelaufenheit überzugehen. Was ein Zufammen ift als Ur<br />
1) Vgl. Beilage VII: Konftitution der Gleichzeitigkeit, S. 468ff.<br />
2) Vgl. §11, 5. 390ff.