Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
438 Edmund Hufferl, (72<br />
§ 41. Evidenz der immanenten Inhalte.<br />
Veränderung und Unveränderung.<br />
Spricht man von der evidenten Gegebenheit eines immanenten<br />
Inhalts, fo kann die Evidenz felbftverftändlich nicht bedeuten die<br />
zweifellofe Sicherheit bezüglich <strong>des</strong> punktuellen zeitlichen Dafeins<br />
<strong>des</strong> Tones; eine fo gefaßte Evidenz (wie fie z. B. noch von Brentano<br />
angenommen wurde) möchte ich für eine Fiktion halten. Gehört<br />
zum Wefen eines in der Wahrnehmung zu gebenden Inhalts, daß<br />
er zeitlich extendiert ift, fo kann die Zweifellofigkeit der Wahrnehmung<br />
nichts anderes bedeuten als Zweifellofigkeit hinfichtlid) <strong>des</strong><br />
zeitlich extendierten Dafeins 1). Und das heißt wiederum: alle<br />
Frage, die fich richtet auf individuelle Exiftenz, kann nur ihre Beantwortung<br />
finden durch Rückgang auf die Wahrnehmung, die uns<br />
individuelle Exiftenz im ftrengften Sinne gibt. So weit fich mit<br />
Wahrnehmung felbft noch fol<strong>des</strong> mifcbt, was nicht Wahrnehmung<br />
ift, foweit befteht in ihr noch Fraglichkeit. Handelt es fich nun um<br />
immanente Inhalte und nicht uni empirifcbe Dinglicbkeiten, fo ift<br />
Dauern und Sidwerändern, Koexiftieren und liufeinanderfolgen in<br />
Wahrnehmungen voll und ganz zu realifieren und ift oft genug<br />
wirklich realifiert. Es gefcbieht das in Wahrnehmungen, die eben<br />
rein fcbauende, die dauernden oder fitb verändernden Inhalte als<br />
folcbe im eigentlichften Sinne konftituierende Wahrnehmungen find;<br />
Wahrnehmungen, die in fich felbft nichts mehr von möglichen Fraglichkeiten<br />
enthalten: auf fie werden wir bei allen Urfprungsfragen<br />
<strong>zur</strong>üdtgeleitet, aber fie felbft fcbließen eine weitere Frage nach dem<br />
Urfprung aus. Es ift klar, daß die viel beredete Evidenz der <strong>inneren</strong><br />
Wahrnehmung, die Evidenz der cogitatio jede Bedeutung und<br />
jeden Sinn verlieren würde, wenn wir die zeitliche Extenfion aus<br />
der Sphäre der Evidenz und wahrhaften Gegebenheit ausichließen<br />
wollten.<br />
Betrachten wir nun dies Evidenzbewußtfein der Dauer und<br />
analyfieren wir diefes Bewußtfein felbft. Wenn der Ton c (und<br />
zwar nicht bloß die Qualität c, fondern der gefamte Toninhalt, der<br />
ganz und gar unverändert bleiben foll) wahrgenommen und als<br />
dauernd gegeben ift, fo ift das c über eine Strecke <strong>des</strong> unmittelbaren<br />
Zeitfel<strong>des</strong> gedehnt, d. 1,. in jedem Jet tritt nicht ein anderer<br />
Ton auf, fondern immerfort und kontinuierlich derfelbe. Daß immerfort<br />
derfelbe auftritt, diefe Kontinuität der Identität ift ein innerer<br />
I) über innere Wahrnehmung vgl. § 44, S. 446 ff.