Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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251 Vorlefungen <strong>zur</strong> Phänomenologie <strong>des</strong> <strong>inneren</strong> Zeitbewußtfeins. 391<br />
in ihnen gegebene Zeitbewußtfein analytifcb zu verftehen. Bewußte<br />
Lein von Zeitlichkeit vollzieht fich aber nicht bloß in diefer Form.<br />
Wenn ein Zeitobjekt abgelaufen, wenn die aktuelle Dauer vorüber<br />
ift, fo erftirbt damit keineswegs das Bewußtfein von dem nun vergangenen<br />
Objekt, obfcbon es jee nicht mehr als Wahrnehmungsbewußtfein<br />
oder bettet vielleicht impreffionales Bewußtfein fungiert.<br />
(Wir behalten dabei wie bisher immanente Objekte im 1:1uge, die<br />
fid) nicht eigentlich in einer »Wahrnehmung« konftituieren). lin die<br />
»Impreffion« fchließt lid) kontinuierlich die primäre Erinnerung oder,<br />
wie wir tagten, die Retention an. Im Grunde haben wir diefe Bewußtfeinsweife<br />
tchon in dem bisher betrachteten Fall mit analyfiert.<br />
Denn die Kontinuität von Phafen, die fleh an das jeweilige »Jet«<br />
antchloß, war ja nichts anderes als eine folche Retention, bzw. eine<br />
Kontinuität von Retentionen. Im Falle der Wahrnehmung eines Zeitobjektes<br />
(es fpielt für die jeige Betrachtung keine Rolle, ob wir<br />
ein immanentes oder transzendentes nehmen) terminiert fie jeder»<br />
zeit in einer jett-Fiuffatfung, in einer Wahrnehmung im Sinne<br />
einer His -Jet Sebung. Während eine Bewegung wahrgenommen<br />
wird, findet Moment für Moment ein Fils Jett Erfaffen ftatt, darin<br />
konftituiert lieb die je4t aktuelle Phase der Bewegung felbft. Fiber<br />
diele Jet fluffaffung ift gleichtam der Kern zu einem Kometenfchweif<br />
von Retentionen, auf die früheren Jettpunkte der Bewegung<br />
bezogen. Findet aber keine Wahrnehmung mehr ftatt, feilen wir<br />
keine Bewegung mehr, oder — wenn es Lid) um eine Melodie handelt<br />
— ift die Melodie abgefpielt und Stille eingetreten, fo fcbließt<br />
fid) an die tete Phafe keine neue Phate der Wahrnehmung an,<br />
fondern eine bloße Phafe frifcher Erinnerung, an diele aber wiederum<br />
eine folche uff. Dabei findet fortgefett eine Zurüdttchiebung<br />
in die Vergangenheit ftatt, die gleiche kontinuierliche Komplexion<br />
erfährt fortgefett eine Modifikation, bis zum Verfchwinden; denn<br />
mit der Modifikation geht eine Schwächung Hand in Hand, die<br />
fchließlid) in Unmerklichkeit endet. Das originäre Zeitfeld ift offenbar<br />
begrenzt, genau wie bei der Wahrnehmung. Ja, im großen und<br />
ganzen wird man wohl die Behauptung wagen dürfen, daß das Zeitfeld<br />
immer diefelbe Extenfion hat. Es verfchiebt Lid) gleichfam über<br />
die wahrgenommene und frifch erinnerte Bewegung und ihre objektive<br />
Zeit, ähnlich wie das Geftchtsfeld über den objektiven Raum') 2).<br />
1) Huf die Begrenztheit <strong>des</strong> Zeitfel<strong>des</strong> ift im Diagramm keine Rück.<br />
ficht genommen. Dort ift kein Enden der Retention vorgefehen, und idea.<br />
liter ift wohl auch ein Bewußtfein möglich, in dem alles retentional er.<br />
halten bleibt. 2) Vgl. zum vorftehenden § 11 die Beilage 1, 5. 450ff.