20.03.2013 Aufrufe

Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins

Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins

Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

291 Vorlefungen <strong>zur</strong> Phänomenologie <strong>des</strong> <strong>inneren</strong> Zeitbewußtfeins. 395<br />

ich in der primären Erinnerung das Vergangene, es ift darin gegeben,<br />

und Gegebenheit von Vergangenem ift Erinnerung.<br />

Wenn wir jeet die Frage wieder aufnehmen, ob ein retentionales<br />

Bewußtfein denkbar ift, das nicht Fortfeeung eines impreffionalen<br />

Bewußtfeins wäre, fo müffen wir fagen: es ift unmöglich,<br />

denn jede Retention weift in fich auf eine Impreffion <strong>zur</strong>ück.<br />

»Vergangen« und »Jet« fchließen fich aus. Identifd) dasfelbe kann<br />

zwar jeet und vergangen fein, aber nur dadurch, daß es zwifchen<br />

dem Jet und Vergangen gedauert hat.<br />

§14. Reproduktion von Zeitobjekten (fekundäre<br />

Erinnerung).<br />

Wir bezeichneten die primäre Erinnerung oder Retention als<br />

einen Kometenfchwelf, der fleh an die jeweilige Wahrnehmung anfd)ließt.<br />

Durchaus davon zu fd)eiden ift die fekundäre Erinnerung,<br />

die Wiedererinnerung. Nachdem die primäre Erinnerung dahin ift,<br />

kann eine neue Erinnerung von jener Bewegung, von jener Melodie<br />

auftauchen. Den bereits angedeuteten Unterfchied beider gilt es<br />

nun ausführlicher klarzulegen. Wenn an die aktuelle Wahrnehmung,<br />

fei es während ihres Wahrnehmungsfluffes, fei es in kontinuierlicher<br />

Einigung nach ihrem ganzen fiblauf Retention ficb anfcbließt, fo<br />

liegt es zunächft nahe (wie Brentano es getan hat) zu fagen: die<br />

aktuelle Wahrnehmung konftituiert Lid, auf Grund von Empfindungen,<br />

die primäre Erinnerung auf Grund von Phantafien als Repräfentation,<br />

als Vergegenwärtigung. Ebenfo gut nun, wie Lid) unmittelbar Vergegenwärtigungen<br />

an Wahrnehmungen anfchließen, können auch<br />

ohne linkbluß an Wahrnehmungen felbftändig Vergegenwärtigungen<br />

fich einftellen, und das find die fekundären Erinnerungen. Dagegen<br />

erheben fid) aber (wie wir &hon in der Kritik der Brentanord)en<br />

Theorie ausführten)') ernfte Bedenken. Betrachten wir einen Fall<br />

fekundärer Erinnerung: wir erinnern uns etwa einer Melodie, die<br />

wir jüngft in einem Konzert gehört haben. Dann ift es offenbar,<br />

daß das ganze Erinnerungsphänomen mutatis mutandis genau die-<br />

Leibe Konftitution hat wie die Wahrnehmung der Melodie. Sie hat<br />

wie die Wahrnehmung einen bevorzugten Punkt: dem jeetpunkt<br />

der Wahrnehmung entfpricht ein jeetpunkt der Erinnerung. Wir<br />

durchlaufen die Melodie in der Phantafie, wir hören »gleichfam«<br />

zuerft den erften, dann den zweiten Ton ufw. jeweils ift immer<br />

ein Ton (bzw. eine Tonphafe) im Jetpunkt. Die vorangegangenen<br />

1) Vgl. oben 5. 378 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!