Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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448 Edmund Hufferl, [82<br />
immanenten Zeit ihre Stelle und Dauer. Das gilt, ob fie Erinnerung<br />
von Immanentem ift oder von Tranfzendentem. Und jede Erinnerung<br />
ift (wenn wir von der Zuwendung abfehen) zugleich Erinnerung<br />
von Immanentem. Während alfo das Bewußtfein vom<br />
immanenten Ton als originäres inneres Bewußtfein keine immanente<br />
Zeitlichkeit haben kann, ift das Vergegenwärtigungsbewußtfein<br />
vom immanenten Ton (das in entfprecbend geändertem Sinn<br />
Vergegenwärtigungsbewußtfein von dem <strong>inneren</strong> Bewußtfein <strong>des</strong><br />
Tones ift) ein immanentes Objekt, angehörig der immanenten Zeitlichkeit.<br />
§ 45. Konftitution der nichtzeitlichen<br />
Tranfzendenzen.<br />
Ferner ift zu beachten: je<strong>des</strong> Bewußtfein im einheitleen Sinn<br />
(als konftituierte immanente Einheit) ift notwendig zugleich auch<br />
Bewußtfeinseinbeit vom Gegenftändlichen, auf das es fich »bezieht«.<br />
liber nicht je<strong>des</strong> ift felbft Zeitbewußtfein, d. b. Bevvußtfein von einem<br />
Zeitlichen, eine intentionale Zeit Konftituieren<strong>des</strong>. So ift ein Urteilsbewußtfein<br />
von einem mathematifchen Sachverhalt Impreffion, aber<br />
der mathematifche Sachverhalt, der in feiner Einheit einheitlich »daiteht«,<br />
ift kein Zeitliches, das Urteilen ift kein Gegenwärtigen (bzw.<br />
Vergegenwärtigen 1)) Demgemäß kann man davon fprechen, daß<br />
ein Ding, ein Ereignis, ein zeitliches Sein in der Phantafie vorgefielt<br />
werde, daß es phantafiemäßig, erinnerungsmäßig, erwartungsmäßig<br />
oder retentional erfcheine. Ebenfo wie man fagen kann, daß<br />
es als gegenwärtig erfcheine, wahrgenommen fei. Dagegen kann<br />
man nicht davon fprechen, daß ein mathematifcher Sachverhalt als<br />
gegenwärtig oder vergegenwärtigt ericheine. Das Urteilen kann<br />
länger oder kürzer dauern, hat feine fiusbreitung in der fubjektiven<br />
Zeit und kann gegenwärtig oder vergegenwärtigt fein. Das øeurteilte<br />
aber ift nicht lang oder kurz, dauernd oder minder dauernd.<br />
Und ebenfo das im Urteilsvergegenwärtigen quasi Geurteilte. Vergegenwärtigt<br />
ift das Urteil und nicht das Geurteilte. Spricht man<br />
davon, daß man einen Sachverhalt lieh »bloß denke«, fo befagt das<br />
nicht, daß er vergegenwärtigt fei, fondern daß er im Charakter der<br />
Neutralitätsmodifikation ftatt im Charakter <strong>des</strong> Glaubens daftehe.<br />
Die Glaubensmodalitäten fallen aber keineswegs zufammen mit denen<br />
1) Vgl. Beilage XIII: Xonftitution fpontaner Einheiten als immanenter<br />
Zeitobjekte—Urteil als Zeitgeftalt und abfolutes zeitkonftituieren<strong>des</strong> Bewußtfein,<br />
3. 485 ff.