Husserl_Vorlesungen_zur_Phaenomenologie_des_inneren_Zeitbewusstseins
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436 Edmund Huffett, (70<br />
Urempfindung und das nach einer ftetigen Reihe »zugleich« damit<br />
Retinierte. Das Retinierte ift das vergangene Bewußtfein nach feiner<br />
Phafenreihe (zunächft feiner vorangegangenen Phafe), und nun im<br />
ftetigen Fortfluß <strong>des</strong> Bewußtfeins erfaffe ich die retinierte Reihe <strong>des</strong><br />
abgelaufenen Bewußtfeins mit dem Grenzpunkt der aktuellen Urempfindung<br />
und der ftetigen Zurückfcbiebung diefer Reihe mit der<br />
Neuanfeeung von Retentionen und von Urempfindungen.<br />
Man kann hier fragen: kann ich in einem Blick das ganze, in<br />
einem Vor-Zugleich befcbloffene, retentionale Bewußtfein <strong>des</strong> vergangenen<br />
Bewußtfeinslaufes finden und faffen? Offenbar ift der notwendige<br />
Prozeß der, daß ich erft das Vor-Zugleich felbft erfaffen<br />
muß, und das modifiziert fich ftetig, es ift ja nur, was es ift, im<br />
Fluß; und nun ift der Fluß, foweit er diefes Vot-Zugleich abwandelt,<br />
intentional mit lieb felbft in Deckung, konftituiert Einheit im Fluß,<br />
und das Eine und Identfiche erhält einen ftetigen Modus der Zurückfchiebung,<br />
immer Neues feet ficb vorne an, uni alsbald ebenfo wieder<br />
zu verfließen in feinem Momentanzufammenhang. Während diefes<br />
Prozeffes kann der Blick fixiert bleiben auf das Momentan-Zugleich,<br />
das herabfinkt; aber die Konftitution der retentionalen Einheit reicht<br />
darüber hinaus, fügt immer Neues hinzu. Darauf kann fich in diefem<br />
Prozeß der Blick lenken, und es ift immer Bewußtfein im Fluß als<br />
konftituierte Einheit.<br />
Demnach find in dem einen einzigen Bewußtfeinsfluß zwei untrennbar<br />
einheitliche, wie zwei Seiten einer und derfelben Sache<br />
einander fordernde Intentionalitäten miteinander verflochten.<br />
Vermöge der einen konftituiert fich die immanente Zeit, eine objektive<br />
Zeit, eine echte, in der es Dauer und Veränderung von<br />
Dauerndem gibt; in der anderen die quafi-zeitliche Einordnung der<br />
Phafen <strong>des</strong> Fluffes, der immer und notwendig den fließenden «jeet«punkt,<br />
die Phafe der ilktualität hat und die Serien der voraktuellen<br />
und nachaktuellen (der noch nicht aktuellen) Phafen. Diefe präphänomenale,<br />
präimmanente Zeitlichkeit konftituiert fich intentional<br />
als Form <strong>des</strong> zeitkonftituierenden Bewußtfeins und in ihm<br />
felbft. Der Fluß <strong>des</strong> immanenten zeitkonftituierenden Bewußtfeins<br />
f t nicht nur, fondern fo merkwürdig und doch verftändlich geartet<br />
ift er, daß in ihm notwendig eine Selbfterfcheinung <strong>des</strong> Fluffes beliehen<br />
und daher der Fluß felbft notwendig im Fließen erfaßbar<br />
fein muß. Die Selbfterfcheinung <strong>des</strong> Fluffes fordert nicht einen<br />
zweiten Fluß, fondern als Phänomen konftituiert er fich in fich felbft i).<br />
1) Vgl. Beilage IX: Urbewußtfein und Möglichkeit der Reflexion, 5. 471ff.