Brasiliens. - Brasiliana USP

Stämme und Horden in Brasilien. 155
Provinzen jedenfalls verhältnissmässig zum Areal viel geringer als
im Gebiete des Amazonas und seiner südlichen Confluenten. Annäherungsweise
ist vielleicht von allen bis jetzt gemachten Schätzungen
die des Abbe" Damazo*) die richtigste, welche für ganz Brasilien
1,500,000 annimmt.
Auf der ausgedehnten Linie der Küste, wo die europäischen
Einwanderer mit dieser indianischen Bevölkerung zuerst in Berührung
kamen, fanden sie eine gewisse Uebereinstimmung der Sprache
und der Sitten. Die meisten dieser Wilden nannten sich selbst
Tupinambä (die Portugiesen schrieben im Plural Tupinambazes).
Man erkannte in ihnen die weitverbreiteten Glieder Eines Volkes,
des Tupivolkes, und benützte ihre, in mehrere Dialekte
abgewandelte Sprache als Lingua geral, zum allgemeinen
Verständigungsmittel von den Gegenden jenseits des südlichen
Wendekreises bis zum Aequator. Kriegerisch, rastlos beweglich und
unstät, nicht bloss mit Indianern von anderer Nationalität in stetem
Kampfe, sondern in vielen, selbst benachbarten Stämmen, Horden und
Familien sich gegenseitig ohn'Unterlass befehdend, liessen sich viele
von diesen Tupis durch die Ankömmlinge als Dolmetscher, Mieth-*
linge und Bundesgenossen bei häuslicher Arbeit, zu Land und zur
See, auf Entdeckungsreisen, Streif- und Kriegszügen verwenden.
Die Colonisten, und insbesondere die unternehmenden Paulistas,
denen zumeist man die Aufschliessung des inneren Landes verdankt,-
eigneten sich die Tupisprache an. Viele Naturgegenstände
des Landes, Thiere, Pflanzen und Oertlichkeiten wurden auf diese
Weise mit Worten der Tupisprache bezeichnet. Darum aber sind
wir nicht zu der Annahme berechtigt, dass an allen Orten, die
getrieben und von 1628 bis 1630 sechzigtausend Indianer nach Rio de Janeiro
auf den Markt gebracht hätten. Vergl. Dobrizhofer Geschichte der Abipoucr
I. 206. 175. Muratori Paraguay-Mission. 56.
•) D'Orbigny, L'homme americ. IL 292.