Brasiliens. - Brasiliana USP

486 Mehlinduslrie.
Die Jumanas haben, ehe sie mit den eingewanderten Weissen
in Berührung gekommen, ohne Zweifel längere Zeit in ihren früheren
Wohnsitzen ruhig und ungestört dem einfachen Landbau obliegen
können, welcher unter den halb civilisirten Horden in gleichförmiger
Weise betrieben wird. Das Geschäft des Anbauet der
Mandioccapflanze und der Mehlbereitung ist auch bei ihnen ausschliesslich
Sache der Weiber ; sie unterziehen sich demselben mit
lobenswürdigem Eifer, und sind, wegen ihrer Geschicklichkeit in
der Darstellung der verschiedenen Esswaaren aus der Mandiocca
berühmt. Ich schalte daher hier das Wesentliche über diesen
Zweig der indianischen Landwirthschaft ein.
Die Mehlindustrie
ist ohne Zweifel der bedeutsamste Zug in der Sittengeschichte der
amerikanischen Urbevölkerung, welcher die Milchwirtschaft vollständig
fremd ist. Sie. ist allgemein verbreitet über das Tropen-
Gebiet des neuen Continents und darüber hinaus, soweit überhaupt
die Mandiocca - Pflanze (Jatropba Manihot L., Manihot
utilissima Pohl) gedeiht, und sie wird von allen Indianern gleichmassig,
nur mit geringen Abweichungen ausgeübt. Verglichen mit
der Benützung und Cultur der mehlreichen Grasarten, welche in
der alten Welt das Fundament bürgerlicher Existenz bilden, erscheint
uns die Verwendung dieser Pflanze für die tägliche Nahrung
als eine sehr zusammengesetzte Thätigkeit. Hier galt es nicht
blos, eine von der Natur dargebotene , an sich unschädliche Nährfrucht
durch geselligen Anbau zu vervielfältigen und für denGentiss
zu Mehl und Brod zinsbar zu machen. Es musste vielmehr eines
der giftigsten Gewächse seiner schädlichen Eigenschaften* entkleidet,
seine Nährbestandtheile mussten in denjenigen Zustand übergeführt
werden, worin sie entweder dem Bedürfnisse des Momentes genügten
oder eine längere Aufbewahrung gestatteten. In diesen beiden
Beziehungen ist die Urbevölkerung der alten Welt vor der der