BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica

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Innerstädtische Hauptverkehrsstraßen 101 Kleinräumige Maßstabsebene mit Folgewirkungen Die Maßstabsebene von Segregationsprozessen spielt eine Rolle und sollte bei der sozialräumlichen Betrachtung der HVS berücksichtigt werden. Daher ist der Quartiersbezug der HVS von Bedeutung. Je schwieriger und sozialräumlich belasteter das jeweilige Quartier ist, unabhängig von der Lage an einer HVS, desto größer ist die Gefahr einer kleinräumig verstärkten Konzentration von Haushalten mit sozialen Problemlagen an den HVS. Je belasteter das Quartier ist, desto gravierender sind Folgewirkungen z.B. durch überforderte Erziehungs- und Bildungseinrichtungen für sozial segregiert aufwachsende Kinder. Farwick hat im Rahmen einer Studie zu Migrantenvierteln starke Ausprägung von Kontexteffekten im Nahraum innerhalb eines Blocks festgestellt, während diese auf Quartiersebene nicht mehr nachweisbar war (Farwick 2009). Mit Blick auf die HVS sollte daher die kleinräumige Maßstabsebene in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden. Empirische Belege segregierender Wirkungen von HVS bisher selten Soziale Auswirkungen von HVS in Wohngebieten sind empirisch noch kaum untersucht. Es existieren allerdings Untersuchungen, die belegen, dass Lärm-, Schadstoff- und Staubbelastung zu einer messbaren Einschränkung von Lebensqualität und Gesundheit der Anwohner führen. Die Studie „Auswirkungen innerstädtischer Autobahnen“ von TOPOS Stadtforschung aus dem Jahr 2010 liefert erste empirische Hinweise auf eine soziale Segregation. Die TOPOS Studie hat vier Hauptverkehrsachsen in Berlin analysiert. Dabei zeigen sich signifikante sozialstrukturelle Unterschiede an den emissionsbelasteten Achsen. Die Bevölkerung an emissionsbelasteten Straßen hat ein niedrigeres Einkommen und besitzt weniger Pkws. Hingegen sind die Arbeitslosen- und Armutsquoten höher. Dies belegt empirisch die Vermutung der segregierenden Wirkung der HVS- Standortbenachteiligung. Segregation erschwert auch Beteiligung und Einbindung Auch die Fallstudien im Rahmen der Studie zeigen, dass die Zusammensetzung der Bewohner eine Rolle spielt, bei der integrierten Herangehensweise zur Entwicklung der HVS. Im Essener Ansatz ist die sozialräumliche Bewohnerbeteiligung durch das ISSAB (Institut für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung) zudem ein Projektschwerpunkt, auch um vorbereitende Arbeiten für eine Aufnahme in das Städtebauförderprogramm der Sozialen Stadt zu unterstützen, bei der die Altenessener Straße eine zentrale Bedeutung hat. Am Beispiel von Abschnitten der Altenessener Straße in Essen wird noch eine weitere Facette von Segregation deutlich. Hier bildet der öffentliche Raum, z.B. im Bereich des Bahnhofs Altenessen in Teilen als Treffpunkt für schwierige Gruppierungen genutzt, für andere Bewohner und Passanten einen Angstraum. Die sozialen und beteiligungsorientierten Ansätze in Essen verdeutlichen zudem, dass die Wahrnehmung eigener Interessen von Anwohnern in städtisch eher segregierten Wohnlagen meist Unterstützung von außen bedarf. Dazu gehört die Artikulation und Durchsetzung von Interessen zur Qualitätsverbesserungen und Erhöhung der Aufenthaltsqualität in den HVS-Lagen aber z.B. auch aus rechtlichen Entwicklungen abgeleiteten gesundheitlichen Aspekte und Anforderungen zur Reduzierung von Lärm- und Feinstaubemissionen im Wohnumfeld. Eine wohnräumliche Segregation aufgrund von Standort- bzw. Wohnqualitätsnachteilen, für die gerade die HVS gefährdet sind, führt in der Folge auch zu einer Diskrepanz zwischen überdurchschnittlichen standortspezifischen Belastungen (die Entwicklungsdimensionen BMVBS-Online-Publikation Nr. 07/2013
Innerstädtische Hauptverkehrsstraßen 102 grundsätzlich reduzierbar sind) und einer unterdurchschnittlich geringen öffentlichen Sichtbarmachung eigener Verbesserungsansprüche oder daraus abgeleiteter Forderungen. Anders ausgedrückt steigt mit einer Zunahme sozialer Segregation - ohne aktivierende Unterstützung - auch die stillschweigende Duldung der typischen HVS-Belastungen. Soziale Segregation wirkt zudem erschwerend auf Aktivierungs- und Beteiligungsprozesse. Sowohl die Bevölkerungszusammensetzung als auch eine anzunehmende höhere Fluktuation an den stark belasteten Standorten erschweren die kommunalen Bemühungen um Aktivierung und Beteiligung der Bewohner oder stellen zumindest andere Anforderungen z.B. niederschwellige Herangehensweisen. Im Rahmen von Stadterneuerungsmaßnahmen kann dies z.B. als gezielter Ansatz entwickelt werden. Mit der Förderung integrierter Maßnahmen können geeignete Aktivitäten erprobt und qualifiziert werden, wie im Beispiel der Altendorfer Straße in Essen. Entwicklungsdimensionen BMVBS-Online-Publikation Nr. 07/2013
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