BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica
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Innerstädtische Hauptverkehrsstraßen 82<br />
Darüber hinaus beeinflusst auch die aktuelle Diskussion über die Folgen des demografischen Wandels<br />
die Entschleunigungs-Debatte. Ausgehend von der Prognose, dass in 2030 rund 50% mehr<br />
Senioren am Straßenverkehr teilnehmen werden als heute, wird Entschleunigung im Straßenverkehr<br />
als Chance formuliert, Teilhabe und Verkehrssicherheit von und für ältere Verkehrsteilnehmer<br />
trotz signifikant längerer Reaktionszeiten dieser Personengruppe verbessern zu können.<br />
Anforderungen bei Umweltqualität, Nutzungs- und Flächenkonkurrenzen<br />
Aus den gestiegenen Anforderungen an Umweltqualität und Gesundheitsschutz entsteht in den<br />
Städten und Kommunen im Bereich der HVS aktuell ein hoher Handlungsdruck. Mit der Einführung<br />
von Lärmaktions- und Luftreinhalteplänen werden aktuell bereits in über 40 Städten und Ballungsräumen<br />
Umweltzonen etabliert und ca. 650 Lärmaktionspläne geprüft oder bereits aufgelegt. Zu<br />
den am häufigsten umgesetzten Maßnahmen in diesem Zusammenhang gehören neben Schadstoffbegrenzungen<br />
für den MIV auch LKW-Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo<br />
30/40.<br />
Bei LKW-Fahrverboten ist allerdings zu beachten, dass straßenwegerechtlich eine nachträgliche<br />
Beschränkung einer bereits gewidmeten Straße auf bestimmte Fahrzeugarten der betroffenen Straße<br />
nur dann möglich ist, wenn die Beschränkung auf dem Verkehrsweg als solchen zurückgeht, d.<br />
h. auf seine objektive oder ihm vom Baulastträger zugedachte Verkehrsbedeutung, auf seine technische<br />
Beschaffenheit oder ganz allgemein auf seine Eignung nur für eine bestimmte Benutzung.<br />
Eine Teileinziehung von Bundesfernstraßen kommt dabei nur aus überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls<br />
in Betracht. Bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen ist die<br />
spezifische Funktion der Straße (Bundesstraße, Landes-, Kreis- oder Gemeindestraße) und ihre<br />
Bedeutung im Netz (DTV, Anteil Schwerlastverkehr, Ziel- und Verbindungsfunktion) in jedem Einzelfall<br />
zu beurteilen und einzubeziehen. Eine Teileinziehung würde ggf. die durch das Bundesfernstraßengesetz<br />
vorgegebene Konzeption der Bundesfernstraßen in Frage stellen. Die Straße wäre<br />
entsprechend abzustufen. Im Übrigen ist zu beachten, dass bei einer Teileinziehung von Straßen<br />
„Ausnahmen“ nur im Wege von Sondernutzungserlaubnissen erteilt werden können, was ggf. Fragen<br />
im Hinblick auf die Beschilderung aufwirft (Einführung einer Sondernutzungsplakette?).<br />
Die verkehrliche Problematik bei innerstädtischen HVS wird vor allem von den vielfältigen Flächenund<br />
Nutzungskonkurrenzen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer geprägt. Nutzungskonkurrenzen<br />
bestehen grundsätzlich zwischen allen Verkehrsarten/ Teilnehmern und den Parkplatzbedarfen<br />
für den ruhenden Verkehr, für Stadtgrün, für den Aufenthalt und für die angrenzenden Nutzungen.<br />
In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen (StVO, VwV-<br />
StVO, ODR) bislang nicht verkehrliche Nutzungsanforderungen unberücksichtigt lassen. Dem gegenüber<br />
bestehen in der konkreten Ausgestaltungsrichtlinie für Stadtstraßen (RASt 06), neben<br />
verbindlichen Regelungen für die Ausgestaltung und Dimensionierung von Fahrbahnen und Trassen<br />
für den MIV, den ÖPNV und teilweise für den Radverkehr, mittlerweile ebenso verbindliche Regelungen<br />
für die Anlage von z.B. Verweil- und Wirtschaftsflächen. Damit hat die RASt 06 unter dem<br />
Begriff der „Städtebaulichen Bemessung“ die gleichrangige Berücksichtigung dieser Nutzungs- und<br />
Flächenansprüche aufgegriffen. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die RASt für Bundesfernstraßen<br />
in der Baulast des Bundes und somit für deren Ortsdurchfahrten, die als HVS im Sinne der<br />
Entwicklungsdimensionen <strong>BMVBS</strong>-<strong>Online</strong>-<strong>Publikation</strong> Nr. 07/<strong>2013</strong>