BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica

Innerstädtische Hauptverkehrsstraßen 108
in diesen Teilabschnitten immer stärker verfällt, müssen Abschnitte der Straßen zeitweise gesperrt
werden, um Fassaden abzustützen und somit die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Wo es den
Kommunen möglich ist werden bereits Immobilien aufgekauft und abgerissen, auch wenn es sich
dabei im Einzelfall um baukulturell relevante Gebäude handelt. Zudem wird in den beiden Kommunen
verstärkt das Phänomen des Eigentumsverzichts beobachtet, aus dem die so genannten „herrenlosen
Grundstücke“ hervorgehen. In Plauen und Zeitz versucht man aktuell einen Teil des Verkehrs
auf Umgehungsstraßen umzuleiten. In beiden Kommunen werden zudem Durchfahrtsverbote
für LKW diskutiert. Diese beiden Kommunen und die hier recherchierten Beispiele stehen stellvertretend
für eine größere Anzahl von HVS in ähnlichen Städten.
Diese Situation zeigt deutlich das Dilemma, vor dem diese Kommunen stehen: Einerseits werden
im Zuge des Stadtumbaus zahlreiche Anstrengungen unternommen, die Innenstädte zu stärken
und die allgemein wieder relativ zunehmende Nachfrage in der Innenstadt und in den Altbauten zu
nutzen. Auf der anderen Seite ist die Gesamtnachfrage nicht stark genug und die hohen Investitionen
in die oftmals lange leerstehenden Gebäude sind nicht rentierlich. Die umfangreiche Berichterstattung
über die Umsetzung des Bund-Länder-Progamms Stadtumbau Ost, aber auch die Erkenntnisse
aus anderen Programmen der Städtebauförderung zeigen hier eine große Bandbreite an guten
Beispielen und Projekten sowie der gelungenen Revitalisierung und Aufwertung von zuvor
schwierigen Innenstadt- und Altbauquartieren. Gleichzeitig wird aber auch auf die noch ungelösten
Probleme in bestimmten Quartierstypen und gerade auch an den HVS hingewiesen. 16
Auch in schrumpfenden Großstädten zeigen sich zunehmend Leerstände und verfallene Bausubstanz
an allen HVS im Stadtgebiet. Allerdings verteilen sich die Probleme ungleichmäßig stark im
Stadtgebiet. In Bremerhaven häufen sich Leerstände und verfallene Immobilien besonders an HVS,
die in schwierigen Quartieren liegen. Abrisse bzw. Rückbau erfolgen dort nur punktuell, wenn die
Gebäude baulich nicht mehr erhalten werden können. Während innerhalb von Wohnquartieren –
fernab von HVS – eine große Nachfrage nach diesen neuen „Brachflächen“ zu beobachten ist, trifft
dies auf „Brachen“ entlang der HVS in Bremerhaven nicht zu. Abrisse erfolgen auch dann, wenn
dadurch die Lärmbelastung in den dahinter liegenden Wohnquartieren ansteigt. Die Kommune
kommt in ihrem Abwägungsprozess häufig zu dem Ergebnis, dass die negativen Auswirkungen
dieser „Schrottimmobilien“ höher sind als die zu erwartenden Lärmbelastungen. Kommunalpolitisch
stehen HVS in Bremerhaven noch nicht im Fokus, so dass sich die Stadtentwicklung auch noch
nicht systematisch mit Konzepten auseinandergesetzt hat. Systematisch erprobt Bremerhaven die
Aktivierung von Eigentümern solcher Problemimmobilien (ähnlich wie dies auch in Halle und Leipzig
angewandt wird, vgl. Kap. 6.2).
Auch in Zwickau mit knapp 93.000 Einwohner zeigen sich Leerstände an HVS von durchschnittlich
15-20% (z.B. Leipziger Straße, Reichenbacher Straße, Werdauer Straße, Marienthaler Straße,
Pöblitzer Straße). Die unmittelbar angrenzenden Wohnquartiere weisen ebenfalls erhöhte Leerstände
auf. An Verkehrsknotenpunkten bzw. an HVS, an denen sich PKW-, LKW-, Straßenbahn- und
Busverkehr konzentrieren steigen die Leerstände auf bis zu 50%. In drei Fällen wurden bereits
Immobilien an HVS abgerissen. Um die dahinterliegenden Wohnquartiere vor Verlärmung zu schüt-
16 Siehe Bund-Länder-Bericht zum Programm Stadtumbau Ost und 10 Jahre Stadtumbau Ost: Fünfter Statusbericht.
Download unter: www.stadtumbau-ost.info.
Relevanzprüfung BMVBS-Online-Publikation Nr. 07/2013