BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica
BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica
BMVBS-Online-Publikation 09/2013 - Empirica
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Innerstädtische Hauptverkehrsstraßen 91<br />
der Aufenthaltsqualität und dem Erscheinungsbild, der Nutzungsstruktur sowie der immobilienwirtschaftlichen<br />
Situation.<br />
Wandel im Verständnis von Baukultur<br />
Alle Eingriffe in die gebaute Umwelt führen zu Veränderungen der gewachsenen städtebaulichen,<br />
landschaftlichen und nicht zuletzt verkehrlichen Strukturen und haben somit Einfluss auf die Baukultur.<br />
Das Verständnis für Baukultur hat sich dabei im Zeitverlauf verändert. Bis in die 1980er<br />
Jahre war die Beschäftigung mit Baukultur stark über eine Architekturelite und wenige herausragende<br />
Projekte geprägt. In der Fachwelt wird seither zunehmend ein umfassenderes Verständnis<br />
von Baukultur diskutiert. Baukultur wird nicht nur als Architektur oder Baukunst im engeren Sinne<br />
verstanden, sondern als Umgang mit der gesamten gebauten Umwelt. Dies schließt gleichermaßen<br />
Ingenieurbauleistungen, Stadt- und Regionalplanung, Landschaftsarchitektur sowie Kunst im öffentlichen<br />
Raum ein. Insofern wird Baukultur als unteilbar bezeichnet.<br />
Insbesondere gehören hierzu auch die Prozesse, die zu ihrer Herstellung und laufenden Veränderung<br />
führen. Zentrale Bausteine baukultureller Prozesse in diesem Sinne sind allgemeine Kulturtechniken.<br />
Dazu gehört zum einen das kommunizieren über die gebaute und geplante Umwelt und<br />
zum anderen der Blick für das Ganze im Unterschied zu sektoralen und fachtechnischen Betrachtungsweisen;<br />
immer verstanden als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.<br />
Nach dem Bericht der Bundesregierung „Initiative Architektur und Baukultur“ aus dem Jahr 2002<br />
gehören dazu ein Qualitätswillen im technisch-funktionalen, ökonomischen und ökologischen sowie<br />
kulturellen Sinne, qualitätsstützende Verfahren, wie z.B. Wettbewerbe und nicht zuletzt Kommunikations-<br />
und Beteiligungsverfahren. Die Beschäftigung mit „Baukultur“ – auch unterstützt durch<br />
vielfältige Aktivitäten des Bundes – im Zusammenhang mit dem etablierten Leitbild der Europäischen<br />
Stadt (Leipzig Charta und Folgeprozess) hat insgesamt wieder an Bedeutung gewonnen. Die<br />
„Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ von 2007 (Leipzig Charta 2007) sagt u.a.<br />
aus: „Die Qualitäten von öffentlichen Räumen, urbanen Kulturlandschaften und von Architektur und<br />
Städtebau spielen für die konkreten Lebensbedingungen der Stadtbewohner eine zentrale Rolle.<br />
(…) Deshalb muss das Zusammenwirken von Architektur, Infrastruktur- und Stadtplanung mit dem<br />
Ziel intensiviert werden, attraktive, nutzerorientierte öffentliche Räume mit hohem baukulturellen<br />
Niveau zu schaffen.“ „Baukultur ist in einem umfassenden Sinne zu verstehen, als Gesamtheit aller<br />
die Qualität des Planens und Bauens beeinflussenden kulturellen, ökonomischen, technischen, sozialen<br />
und ökologischen Aspekte.“<br />
Darüber hinaus formuliert der „Hamburger Appell“ von 2012 in einem 9 Punkte umfassenden Forderungskatalog<br />
die notwendigen Handlungsebenen für mehr Baukultur bei der Planung und Gestaltung<br />
von städtischen Verkehrsräumen (Hamburger Appell 2012).<br />
Baukultur beschreibt den Anspruch, dass Infrastrukturbauten die Städte bereichern sollten. Historische<br />
Ingenieurbauwerke, die zwar nicht im Kontext von HVS stehen, stellen mit ihrer bemerkenswerten<br />
Ästhetik diesen Anspruch augenscheinlich unter Beweis. Deren ästhetische Qualitäten sollten<br />
auch einen Maßstab für heutiges und künftiges Bauen bilden. Eine größere Rücksicht auf den<br />
Zusammenhang von Infrastruktur und Stadt ermöglicht es, neue Qualitäten zu generieren. Dies<br />
setzt voraus, dass Akteure nicht nur technische Parameter, Sicherheitsaspekte und finanzielle<br />
Entwicklungsdimensionen <strong>BMVBS</strong>-<strong>Online</strong>-<strong>Publikation</strong> Nr. 07/<strong>2013</strong>