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In beiden Schreiben wird die zentrale Kontroverse in der späteren Auseinandersetzung mit<br />
Küchenthal vorweggenommen: Wer war auf bürgerlicher Seite der Hauptverantwortliche für<br />
die Einbürgerung Hitlers? Küchenthal <strong>als</strong> Vorsitzender des Staatsministeriums oder Roloff<br />
<strong>als</strong> Fraktionsvorsitzender und politischer Anführer der BEL? Ist die juristische oder die politische<br />
Verantwortung die entscheidende? Küchenthal wird später in seinen „Erinnerungen“<br />
viele Seiten auf den Beleg verwenden, daß Roloff verantwortlich war. Es scheint jedenfalls,<br />
daß beide – Roloff durch akademische Karriere und Küchenthal durch das Amt des Staatsbankpräsidenten<br />
– von der Kooperation mit den Nazis profitiert haben. Nur so ist die Intensität<br />
des Konflikts zwischen beiden nach 1945 erklärbar.<br />
16.1.1946<br />
Die Stadt Braunschweig entzieht Hitler zusammen mit Rust, Klagges, Göring und v. Schirach<br />
die Ehrenbürgerschaft.<br />
30.11.1946<br />
Küchenthal legt Berufung gegen seine Entlassung <strong>als</strong> Staatsbankpräsident ein.<br />
3.12.1946<br />
Beginn des Entnazifizierungsverfahrens Küchenth<strong>als</strong> (bis 11.12.1950)<br />
Küchenth<strong>als</strong> Entnazifizierungsverfahren erstreckt sich über 4 Jahre mit 2 erstinstanzlichen<br />
und 3 Berufungsverfahren. Er wird in Gruppe III (Minderbelastete) eingestuft, u.a. weil er<br />
maßgeblich bei der Einbürgerung Hitlers mitgewirkt hat und so ein wesentlicher Förderer<br />
des Nation<strong>als</strong>ozialismus gewesen ist.<br />
14.1.1947<br />
Küchenthal wird vom Entnazifizierungsausschuß des Landkreises Wolfenbüttel vernommen.<br />
Vorgeworfen wird ihm die NSDAP-Mitgliedschaft vor 1937 und der Vorsitz im Braunschweigischen<br />
Staatsministerium. Der Vorsitzende des Ausschusses, Fricke, beantragt bei der<br />
Militärregierung, Küchenthal in Kategorie II einzustufen.<br />
Dem Antrag wurde nicht stattgegeben.<br />
10.2.1947<br />
Brandes wird im Entnazifizierungsverfahren <strong>als</strong> „eifriger Nation<strong>als</strong>ozialist“ in Kategorie IV<br />
(Mitläufer) eingruppiert, weil er an der Einbürgerung Hitlers mitgewirkt hat.<br />
Brandes legt am 2.2.1947 Widerspruch ein. Im Revisionsverfahren geht es u.a. um die Verantwortung<br />
für die Einbürgerung Hitlers.<br />
Brandes stellt Dokumente mit einer „Vorbemerkung“ zu seiner Entlastung, die die Distanz<br />
zum NS-System belegen sollen, zusammen und bestellt Entlastungsschreiben u.a. von Heimbs<br />
(vom 28.2.1947) und Roloff (vom 20.4.1947). Es geht um die Frage, wer die Einbürgerung<br />
Hitlers auf Seiten der BEL zu verantworten hat: Küchenthal <strong>als</strong> Vorsitzender der Staatsregierung,<br />
der die Ernennungsurkunde unterschrieben hat, oder Roloff bzw. die BEL-Fraktion, die<br />
den Beschluß gefaßt hat, bzw. die verantwortlichen Vertreter der bürgerlichen Parteien, die<br />
politisch dahinter standen.<br />
Die Dokumente liegen im Stadtarchiv Braunschweig. Die Frage ist auch für Roloff, der neben<br />
Küchenthal und Brandes vernommen wird, von großer Bedeutung. Die Argumente lauten:<br />
Wenn wir Hitler nicht eingebürgert hätten, wäre er woanders, z.B. in Thüringen, eingebürgert<br />
worden. (Dies ist dort gerade mit Hilfe der DVP verhindert worden!) Es war besser, ihn eine<br />
Niederlage gegen Hindenburg erleiden zu lassen <strong>als</strong> ihn durch die Verweigerung der Ein-