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Die DVP scheitert mit einem Antrag im Reichstag, allen Weltkriegsteilnehmern automatische<br />
die Staatsbürgerschaft zu verleihen.<br />
Mit einer „Lex Hitler“ hätte man die unangenehme Verantwortung von Braunschweig auf<br />
den Reichstag und von der DVP auf viele Schultern verschoben.<br />
Klagges bekommt (wahrscheinlich telephonisch durch Göring im Auftrag von Goebbels?)<br />
den Auftrag, die Einbürgerung Hitlers zu organisieren.<br />
Am Abend findet ein zweites Gespräch Klagges – Küchenthal statt, in dem Klagges auf einen<br />
Anruf von Göring verweist, der die Absicht der Einbürgerung bestätigt.<br />
So Küchenth<strong>als</strong> Aussage in seinem Entnazifizierungsverfahren 1949, in der er sich sehr genau<br />
auch an kleine Details erinnert. Diese Aussage deckt sich mit späteren Aussagen von<br />
Klagges. Insofern könnte tatsächlich der abendliche Anruf von Göring am 2.2.1932 die Einbürgerungsfrage<br />
in Braunschweig in Gang gesetzt haben. Vermutlich hat sich Küchenthal seit<br />
diesem Datum fortlaufend Notizen gemacht, um angesichts der sich anbahnenden politischen<br />
Bedeutung des Vorgangs Argumente zu seiner Rechtfertigung zu sammeln.<br />
3.2.1932<br />
Brüning läßt sich vom Thüringischen Ministerpräsidenten Baum über den Einbürgerungsversuch<br />
Bericht erstatten. Dazu existiert eine Aufzeichnung des Staatssekretärs der Reichskanzlei,<br />
Pünder.<br />
Gauleitertagung in München. Hier soll die Kandidatur Hitlers besprochen und entschieden<br />
werden. Die Thüringer Einbürgerung ist aber durch das Kaisenberg-Gutachten bzw. den Spott<br />
der Presse verbaut.<br />
Goebbels notiert: „In der Nacht kommen noch einige Gauleiter zu mir. Sie sind deprimiert,<br />
weil sie noch keinen Entschluß wissen. Sie haben Sorge, daß der Führer zu lange wartet. Diese<br />
Sorge ist so grundlos wie nie. Ich richte sie auf und appelliere an ihre Disziplin. Zum<br />
Schluß sind sie ganz zufrieden.“ (Goebbels 1987, Teil I, Bd. 2, S. 121)<br />
Die Partei beginnt an Hitler zu zweifeln. Goebbels muß bereits Durchhalteparolen verkünden.<br />
Beginnt auch er bereits, an der Entschlußkraft Hitlers zu zweifeln? Goebbels notiert ferner,<br />
daß Hitler sich in dieser heiklen Situation mit Plänen zur Umgestaltung Berlins befaßt.<br />
Will er sich damit von seiner Entscheidung in der Präsidentschaftsfrage ablenken? Der Hinweis<br />
läßt sich <strong>als</strong> Kritik von Goebbels an Hitler werten.<br />
4.2.1932<br />
Die Frankfurter Zeitung berichtet über ihre Recherchen in der thüringer Einbürgerungsaffäre.<br />
Pressemeldungen erscheinen unter Bezug auf die Thüringer Affäre mit dem Tenor „Hitler ist<br />
deutscher Staatsangehöriger“. Deutsche Allgemeine Zeitung, Hannoverscher Kurier u.a. Blätter<br />
berichten über Details der gescheiterten Einbürgerung Hitlers in Thüringen. Es werden die<br />
Aussagen der dam<strong>als</strong> mit dem Vorgang befaßten beiden Ministerialbeamten zitiert, die von<br />
Innenminister Frick zu Verschwiegenheit verpflichtet wurden.<br />
Der Eindruck des versuchten „Scheingeschäfts“ verdichtet sich.<br />
Innenminister Groener erklärt, daß nach Ermittlungen seines Ministeriums Hitlers Einbürgerung<br />
nicht zustande gekommen sei.