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Roloff sen. schreibt dazu 1939 in „Tausendjähriges Braunschweig“ (S. 223f): „Am 25. Februar<br />
1932 wurde Adolf Hitler zum Regierungsrat mit besonderer Vollmacht bei der braunschweigischen<br />
Reichsvertretung ernannt. Durch diese Einweisung in das Beamtenverhältnis<br />
eines deutschen Landes war auch die deutsche Reichsangehörigkeit erworben. So geschickt<br />
waren die vorbereitenden Maßnahmen durchgeführt worden, daß nicht einmal die rote Minderheit<br />
des braunschweigischen Landtages etwas davon wahrgenommen hatte, Natürlich ließ<br />
sie es nachher an belfernder Kritik nicht fehlen. Sie mußte sich jedoch sagen lassen, daß<br />
Braunschweig nichts <strong>als</strong> eine Anstandspflicht für das Deutsche Reich erfülle, wenn es einem<br />
Manne, der für Deutschland gekämpft und gelitten habe, endlich zu seinem Bürgerrecht verhelfe,<br />
und das um so mehr, <strong>als</strong> man es in Berlin an galizischen Schieber bereitwilligst vergeben<br />
habe. So darf Braunschweig den 25. Februar1932 mit goldenen Lettern in das Ehrenbuch<br />
der Stadtgeschichte schreiben.“<br />
Hier haben wir das komplette Gegenstück zu Roloffs Einlassung von 1945, er habe im Haushaltsausschuß<br />
bewußt für die Streichung der Regierungsrat-Stelle plädiert, damit sie Hitler<br />
nicht zugewiesen werden könne.<br />
Die zeitgenössische Betonung der Bedeutung der Einbürgerung steht in krassem Gegensatz zu<br />
den Einlassungen etlicher Beteiligter auf Seiten der BEL nach 1945 wie Brandes, Heimbs,<br />
Küchenthal und Roloff, die deren Bedeutung angesichts der späteren Ereignisse <strong>als</strong> unbedeutend<br />
darstellen.<br />
Offenbar war bis zum Schluß die Einbürgerung aus Berliner Sicht unsicher. Welche Alternative<br />
hätte bei der Verweigerung der Einbürgerung für die NSDAP bestanden? Eine Mobilisierung<br />
der SA?<br />
Boden erklärt 1945, daß er für den 25.2. auf Vermittlung eines Vorstandsmitglieds einer großen<br />
deutschen Bank zu einem Treffen mit Hitler und der Parteiführung eingeladen worden<br />
sei, um seinen künftigen Regierungsrat vorher kennenzulernen. Boden lehnt die Einladung ab,<br />
um nicht korrumpiert zu werden bzw. sich in die Arme der Partei zu werfen. (Vgl. Aufzeichnungen<br />
vom 5.5.1945).<br />
Wenn die Aussage stimmt: Wollte die NS-Führung sicher gehen, damit sich nicht in letzter<br />
Minute auch noch Boden quer legt?<br />
Kontrovers wird die politische Bewertung der Einbürgerung in der Literatur bewertet. Roloff<br />
1961, S. 99 schreibt dazu: Die Einbürgerung Hitlers durch Braunschweig hat seinen Weg zur<br />
Macht weder beschleunigt noch hätte die Verweigerung ihn verzögern, aufhalten oder gar<br />
verhindern können.“ Ähnlich argumentieren Pollmann/Ludewig 1997, S. 559. Das Gegenargument<br />
lautet: Eine Verzögerung oder Verweigerung hätte Hitlers Aufstieg gebremst und<br />
Brüning und den Verhandlungen über die Reparationen die Zeit gegeben, das Abflauen der<br />
Wirtschaftskrise und den Rückgang der Arbeitslosigkeit abzuwarten. Dies hätte womöglich zu<br />
einem Popularitätsrückgang der NSDAP geführt, der sich mit der November-Wahl schon abzeichnete.<br />
26.2.1932<br />
Boden bestellt Hitler „unverzüglich“ zwecks Ableistung des Diensteides in die Gesandtschaft.<br />
Hitler telegraphiert um 12.45 Uhr an die Staatsregierung: „Ernennungsurkunde erhalten.<br />
Nehme an, Adolf Hitler“; Küchenthal leitet das Telegramm an Klagges weiter, der den Empfang<br />
am 27.2. gegenzeichnet.<br />
Hitler wird auf der Gesandtschaft, Lützowstraße 11, durch Boden vereidigt: „Ich schwöre<br />
Treue der Reichs- und Landesverfassung, gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung<br />
meiner Amtspflichten.“ Er wird anschließend in seine Dienstgeschäfte eingewiesen. Boden<br />
macht darüber gegenüber der Staatsregierung Meldung.