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unwirksam.“ (Gutachten abgedruckt in Vossische Zeitung vom 1.2.1932, hier zitiert nach<br />

Overesch 1992, S. 550)<br />

Woher und seit wann weiß die Reichsregierung von dem Thüringer Einbürgerungsversuch<br />

bzw. den alternativen Braunschweiger Überlegungen? Die erste Pressemeldung zur Variante<br />

<strong>Prof</strong>essur erscheint am 29.1. Die erste Erwähnung dieser Variante im Goebbelstagebuch<br />

stammt vom 3.2. Der diesbezügliche Aktenvermerk von Klagges vom 13.2., daß er schon lange<br />

die Berufung Hitlers erwogen habe, erscheint so in einem anderen Licht. Offenbar wurde<br />

diese Variante, womöglich seit der Entfernung Riekels am 13.4.1931, intern erwogen und ist<br />

sogar bis ins Reichsinnenministerium gedrungen.<br />

Liegt hier der Grund, warum die Thüringer Einbürgerungsurkunde nicht präsentiert wurde<br />

und Klagges in Braunschweig den Auftrag zu einer Verbeamtung bekam, die den Eindruck<br />

des Scheingeschäfts zu vermeiden hatte? Vor diesem Hintergrund wäre die Klagges-Variante<br />

über die <strong>Prof</strong>essur womöglich weniger anfechtbar gewesen <strong>als</strong> die spätere<br />

Zörner/Heimbs/Wessel-Variante über den Regierungsrat, da die tatsächliche Ausübung einer<br />

<strong>Prof</strong>essur nach erfolgter Antrittsvorlesung und anschließender Beurlaubung evtl. weniger<br />

anfechtbar gewesen wäre.<br />

Die Veröffentlichung des Kaisenberg-Gutachtens am 1.2.1932 in der Vossischen Zeitung war<br />

ein raffinierter Schachzug von Brüning, da es Hitler eine rote Linie zeigte. Vielleicht wollte<br />

man so erreichen, daß Hitler von seiner Kandidatur Abstand nimmt, da das Risiko, vom<br />

Reichswahlleiter nicht zugelassen zu werden, unkalkulierbar geworden war. Der Reichswahlleiter<br />

hätte jedenfalls Hitlers Kandidatur, gestützt auf das Kaisenberg-Gutachten, aus juristischen<br />

Gründen ablehnen können bzw. sogar müssen, da es sich bei der Verbeamtung Hitlers<br />

um eine klare Scheinernennung gehandelt hat. Das mußte allen Beteiligten trotz aller Bemühungen,<br />

dem Vorgang den Anschein der Legalität zu verleihen, bewußt gewesen sein. Die<br />

Reichsregierung hat später offenbar politisch im Widerspruch zu ihrem Gutachten entschieden,<br />

die Kandidatur doch zuzulassen. Ihr Kalkül ist evtl. gewesen, die große Empörung über<br />

eine Ablehnung der Kandidatur Hitlers aus juristischen Gründen abzuwägen gegen die Aussicht,<br />

Hitler eine Wahlniederlage beizubringen. Evtl. bestand auch die Sorge vor einem<br />

Putsch, die die Hausdurchsuchungen bei NSDAP und SA zwischen den Wahlgängen veranlaßt<br />

hat.<br />

Der Höhepunkt der Arbeitslosigkeit mit über 6 Millionen ist erreicht. Im Februar 1932 gibt es<br />

im Freistaat Braunschweig etwa 55.000 Arbeitslose bei etwa 513.000 Einwohnern (Bei der<br />

Wieden 1996, S. 72).<br />

1.2.1932<br />

Hitlers Bemühungen, in Thüringen die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, werden<br />

durch eine gezielte Indiskretion im „Montagsblatt“, einer Zeitschrift, die von dem NS-<br />

Renegaten Walter Stennes gegründet worden war, bekannt. Hitlers Ernennungsurkunde soll<br />

im „Braunen Haus“ aufbewahrt sein, um sie bei Gelegenheit zu präsentieren. Daraufhin beginnt<br />

die Frankfurter Zeitung zu recherchieren und befragt die Thüringische Regierung.<br />

Stennes, vermutlich von 1925-1930 Agent des Auswärtigen Amtes und des Reichswehrministerium<br />

und zugleich Gegner der Weimarer Republik, war 1927 in die NSDAP eingetreten,<br />

hatte eine Karriere <strong>als</strong> Berliner SA-Führer gemacht und wurde 1927 zum Oberbefehlshaber<br />

der SA in Ostdeutschland ernannt. In der Folgezeit geriet er in Konflikt mit Hitler, weil er<br />

größeren Einfluß für die SA forderte und sich gegen dessen Legalitätskurs wandte. Der Konflikt<br />

eskalierte, <strong>als</strong> Stennes sich dem Befehl Hitlers verweigerte, sich einer Notverordnung<br />

Brünings zur Aufgabe der Straßenkämpfe zu fügen. Seiner Absetzung am 31.3.1931 widersetzte<br />

er sich im sog. Stennes-Putsch gewaltsam und wurde aus der Partei ausgeschlossen. Er

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