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werden. Offenbar war auch die Variante erwogen worden, den Braunschweigischen Gesandten<br />
Boden durch Hitler zu ersetzen.<br />
2.2.1932<br />
Goebbels notiert: „Großes Rätselraten um unseren Kandidaten; aber das ist im Augenblick<br />
nicht so wichtig wie die Frage der Geldbeschaffung. Die Argumente für die Kandidatur des<br />
Führers sind so durchschlagend, daß gar nichts anderes mehr in Frage kommt. … Mittags<br />
lange mit dem Führer beraten. Er entwickelt seine Ansicht zur Präsidentenwahl. Er entschließt<br />
sich, selbst die Kandidatur zu übernehmen. Aber zuerst muß die Gegenseite festgelegt sein.<br />
S.P.D. gibt hier den Ausschlag. Dann wird unsere Entscheidung der Öffentlichkeit mitgeteilt.<br />
Es ist ein Kampf mit Peinlichkeiten ohne Maßen; aber er muß durchgestanden werden. … Die<br />
Deutschnationalen und der Stahlhelm werden vorläufig hingehalten. Unser Kandidat kommt<br />
erst im letzten Augenblick an die Öffentlichkeit. Evtl. tritt im ersten Wahlgang ein anderer an<br />
die Stelle des Führers, so daß wir die entscheidende Chance erst im zweiten Wahlgang wahrnehmen.“<br />
(Goebbels 1987, Teil I, Bd. 2. S. 119-120)<br />
Der Hinweis auf die „Peinlichkeiten“ läßt auf die ungelöste Staatsbürgerschaft schließen.<br />
Der Eintrag unterstreicht das taktische Kalkül. Wenn Hindenburg öffentlich seine Kandidatur<br />
und die SPD dessen Unterstützung erklärt, erst dann tritt dann Hitler in den Ring. So läßt sich<br />
Hindenburg <strong>als</strong> Kandidat der Linken denunzieren, und Hitler kann <strong>als</strong> Kandidat der Rechten<br />
auftreten. Umgekehrt hatte Hindenburg die Sorge, bei einer Unterstützung der Weimarer Koalition<br />
auf der Rechten nur wenige Stimmen zu erhalten. Hier liegt womöglich ein Grund,<br />
warum auch Hindenburg zögert.<br />
Harbert, 1931 Geodäsie-<strong>Prof</strong>essor an der TH, behauptet 1983, daß Klagges zuerst versucht<br />
habe, Hitler wegen dessen künstlerischen Neigungen eine Architekturprofessur zu verschaffen.<br />
Womöglich liegt bei Harbert aber eine Verwechselung vor. Kuessner 1988 behauptet<br />
ohne weiteren Beleg, daß Hitler persönlich Klagges beauftragt habe. Die erste Anfrage an<br />
Klagges könnte bereits Anfang Januar erfolgt sein, <strong>als</strong> sich die Möglichkeit einer Kandidatur<br />
Hitlers abzeichnet und die Variante Gendarmeriekommissar – wenn sie je ernsthaft bestanden<br />
hat – <strong>als</strong> nicht gangbar herausstellt.<br />
Küchenthal erfährt aus seiner Pressemappe (?) von dem Einbürgerungsvorhaben. Boden meldet<br />
sich besorgt in der Angelegenheit bei Küchenthal, der auch die Presse gelesen hat. Küchenthal<br />
beruhigt Boden, daß nicht an seine Ablösung gedacht sei.<br />
Erste „rein persönliche“ Unterredung zwischen Klagges und Küchenthal über die Einbürgerungsfrage.<br />
Beide versichern sich gegenseitig, nichts von den Plänen zu wissen. Küchenthal<br />
verhält sich reserviert und verweist auf die Zuständigkeit der BEL. Küchenthal bleibt trotz der<br />
Beteuerung Klagges mißtrauisch und glaubt eher an die Einbürgerung via <strong>Prof</strong>essur <strong>als</strong> via<br />
Reichsratsbevollmächtigter.<br />
Diese Gespräche führt Küchenthal mit Klagges nach späterer eigener Aussage bis zum<br />
8.2.1932. Am selben Tag beginnt er mit stenographischen Aufzeichnungen der Vorgänge.<br />
(Küchenthal 1969, Bd. III, S. 3)<br />
Daß er gleich am ersten Tage, <strong>als</strong> er mit dem Ansinnen Klagges konfrontiert wird, zu dieser<br />
Maßnahme greift, unterstreicht seine Vorsicht und das klare Bewußtsein, welche große politische<br />
Bedeutung die Einbürgerungsfrage (und möglicherweise auch für ihn persönlich) haben<br />
wird. Auf der Basis seiner Aufzeichnungen wird Küchenthal 1969 seine „Erinnerungen“ verfassen.<br />
Die BEL ist von dem Ansinnen überrascht und belustigt, aber auch besorgt, da man sofort<br />
erkennt, in eine schwierige Lage zu kommen.