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Groener befragt Küchenthal, ob die Zeitungsberichte stimmen, daß Klagges in einer öffentlichen<br />
Versammlung am 6.1. in Braunschweig zum Sturz der Reichsregierung aufgerufen, daß<br />
der Hilfsreferent Schmidt den preußischen Innenminister Severing beschimpft und bedroht<br />
habe und warum die braunschweigische Polizei nicht eingegriffen habe.<br />
9.1.1932<br />
Goebbels notiert in seinem Tagebuch: „Großes Rätselraten, was der Führer tun wird. Man soll<br />
sich wundern!“ (Goebbels 1987, Teil I, Bd. 2, S. 108)<br />
Diese Notiz wird <strong>als</strong> erster Hinweis gewertet, daß Hitler die Kandidatur erwägt. Diese Interpretation<br />
ist aber nicht zwingend. Der Kontext des Zitats läßt auch auf Aktivitäten in diverse<br />
andere Richtungen, die nichts mit der Wahl zu tun haben, schließen.<br />
Im Januar und Februar 1932 macht Goebbels jedenfalls regelmäßig Einträge in sein Tagebuch<br />
zum Thema Präsidentschaftskandidatur. Die Fassungen der Einträge in seiner Edition<br />
1934 „Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“ und der von Elke Frölich besorgten Edition von<br />
1987 weichen voneinander ab. Die Ausgabe von 1934 dürfte propagandistisch frisiert sein.<br />
Bis zum 25.2. zögert Hitler, sich in der Präsidentschaftskandidatur festzulegen. Führungsschwäche?<br />
Angst vor der Blamage, daß die Einbürgerung scheitert? Sorge, daß die Einbürgerung<br />
via Thüringen scheitert, eine Einbürgerung via Braunschweig aber erst auf den Weg<br />
gebracht werden muß? Angst vor dem Spott über eine Scheinernennung? Angst, gegen Hindenburg<br />
zu verlieren? Das zentrale Problem ist, daß der Weg über den Reichsrat wegen des<br />
zu erwartenden Einspruchs von Preußen und/oder Bayern verbaut ist, der Weg über die Verbeamtung<br />
aber voraussetzt, daß Hitler tatsächlich in thüringische oder braunschweigische<br />
Landesdienste eintritt. Hitler will aber gar nicht <strong>Prof</strong>essor, Gesandter, Reichsratsbevollmächtigter,<br />
Bürgermeister, Regierungsrat, Gendarmeriekommissar oder was auch immer werden,<br />
weil er dafür weder qualifiziert noch motiviert ist, sondern allenfalls Reichspräsident. Dafür<br />
ist er in seinem Führerverständnis bestens qualifiziert. Insofern befindet er sich in einem echten<br />
Dilemma: Entweder – er tut so, <strong>als</strong> würde er doch Beamter sein wollen, um eingebürgert<br />
zu werden mit den Konsequenzen des Vorwurfs des „Scheingeschäfts“, des Spotts der Opposition<br />
und der Presse und einer möglichen Ablehnung durch den Reichswahlleiter oder gar<br />
der Wahlanfechtung - oder er lehnt ein Scheingeschäft ab. Denn dann muß er wirklich ein<br />
Amt ausfüllen, für das er weder qualifiziert noch motiviert ist, und kann eigentlich nicht kandidieren.<br />
Hitler ist für gar nichts qualifiziert und besitzt nirgendwo für ein Amt die laufbahnrechtlichen<br />
Voraussetzungen. Wenn er zu lange zögert, verliert er zudem an Glaubwürdigkeit<br />
in seiner Partei <strong>als</strong> Führer. Goebbels hatte bereits begonnen zu zweifeln.<br />
Der Grund für die akut werdende <strong>Dr</strong>inglichkeit der Einbürgerung Hitlers, wenn er kandidieren<br />
will, ist der Art. 41, Abs. 2 der Weimarer Verfassung zur Präsidentenwahl: „Wählbar ist<br />
jeder Deutsche, der das 35. Lebensjahr vollendet hat.“<br />
11./12.1.1932<br />
Hugenberg glaubt nach dem Gespräch mit Göring zu erkennen, daß Hitler bei der Präsidentenwahl<br />
zum Alleingang entschlossen ist.<br />
Warum stimmt Hugenberg/DNVP der Einbürgerungsabsicht Hitlers dennoch zu, wenn dadurch<br />
eine Sammelkandidatur der Harzburger Front für die Präsidentschaft ausgeschlossen<br />
wird?<br />
12.1.1932