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riellen habe. Er sagte mir noch, dass Hitler ja auch auf normalem Wege nicht die deutsche<br />
Staatsbürgerschaft erwerben könne, durch eine Beamtenstellung aber müsse man sie ihm zuerkennen.<br />
Hitler wurde daraufhin von mir zum Regierungsrat ernannt. Die ganze Koalition im<br />
Landtag stimmte der Ernennung Hitlers zum Regierungsrat dam<strong>als</strong> zu. Hitler hatte seine Stellung<br />
dam<strong>als</strong> bei der Braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin.“ (Quelle Personalakte<br />
Klagges)<br />
Demnach kam der Anstoß via Göring von Hitler selber. Hitler war klar, daß der Weg über<br />
den Reichsrat nicht gangbar ist und bringt selber die Wirtschaftsförderung für Braunschweig<br />
ins Spiel. Klagges betont, daß er die Ernennung vorgenommen habe, aber die gesamte Koalition<br />
zugestimmt habe.<br />
Klagges bestreitet u.a. jegliche Verantwortung für die Gewalttaten im Zuge des „Stahlhelmputschs“<br />
am 27.3.1933.<br />
27.9.1949<br />
Küchenthal wird im Entnazifizierungsverfahren in Kategorie III (Minderbelastete) eingestuft.<br />
Damit ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verbunden. Vorsitzender des Entnazifizierungsausschusses<br />
ist Otto Schmitz, 1932 Rektor der TH!<br />
Derselbe Otto Schmitz hatte dam<strong>als</strong> Küchenthal angerufen und um Auskunft gebeten, ob Hitler<br />
tatsächlich zum <strong>Prof</strong>essor berufen werden solle und darüber der Presse berichtet. Küchenthal<br />
beschuldigt Schmitz, daß er 1948 dem Braunschweigischen Hochschulbund Mittel<br />
habe zukommen lassen, die an die Staatskasse hätten abgeführt werden müssen. Auch mit<br />
Schmitz trägt er eine Kontroverse aus. (Küchenthal 1969, Bd. III, S. 49f)<br />
Wesentlich für die Einstufung Küchenth<strong>als</strong> ist die Mitwirkung an der Einbürgerung Hitlers.<br />
„Der Betroffene war im Jahre 1932 Ministerpräsident des Landes Braunschweig. Er hat in<br />
dieser Stellung Hitler <strong>als</strong> Regierungsrat in den braunschweigischen Staatsdienst eingestellt<br />
und ihn dadurch zum deutschen Staatsbürger gemacht. Der Betroffene behauptet, daß er diesen<br />
Akt auf Beschluß der ´Bürgerlichen Einheitsliste´ ausgeführt hat. Es besteht aber kein<br />
Zweifel, daß er <strong>als</strong> ´Ministerpräsident´ volle Freiheit in seiner Entscheidung hatte, In Anbetracht<br />
der außerordentlichen Folgen, welche diese Ernennung nach sich zog, ist er daher <strong>als</strong><br />
wesentlicher Förderer anzusehen und in Gruppe III einzustufen.“ (Küchenthal 1969, Bd. III,<br />
S. 46f) Der Berichterstatter der Braunschweiger Zeitung zitiert leicht abweichend: „Der Betroffene<br />
habe durch seine <strong>als</strong> Ministerpräsident geleistete Unterschrift, die allein die Ernennung<br />
Hitlers und damit Einbürgerung ermöglicht habe, eine wesentliche Förderung und Unterstützung<br />
des Nation<strong>als</strong>ozialismus geleistet. Diese wesentliche Förderung sei durch seinen<br />
späteren Widerstand <strong>als</strong> Präsident der Braunschweigischen Staatsbank nicht ausgeglichen.“<br />
(Braunschweiger Zeitung vom 28.9.1949); Kiesel, Roloff, Brandes, Heimbs (?), Hoppe u.a.<br />
sagen <strong>als</strong> Zeugen aus. Brandes und Roloff belasten Küchenthal bei der Anhörung, der die<br />
Ernennungsurkunde unterschrieben habe. Er hätte sich weigern und zurücktreten bzw. mit<br />
Rücktritt drohen können. Küchenthal schiebt die Verantwortung für die Einbürgerung auf die<br />
BEL-Fraktion. Roloff widerspricht und erklärt Küchenthal für verantwortlich. Küchenthal<br />
erklärt, daß er <strong>als</strong> Staatsbankpräsident mehrfach Widerstand gegen die Nazis geleistet habe.<br />
Die Begründung für die Einstufung in Kategorie III ist ganz eindeutig die politische Bedeutung<br />
der Einbürgerung Hitlers und Küchenth<strong>als</strong> Verantwortung für den Vorgang. Die Kontroverse<br />
Roloff-Küchenthal bzw. Brandes-Küchenthal wird sich in den kommenden Jahren<br />
fortsetzen.