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Goebbels war offenbar bis zum Schluß die treibende Kraft in der Kandidatenfrage, während<br />

Hitler zögert. Wegen der fehlenden Staatsbürgerschaft? Wegen des Risikos, daß die Frage<br />

der Staatsbürgerschaft nicht rechtzeitig geklärt wird? Wegen des Risikos, daß die Kandidatur<br />

wegen des Scheingeschäfts, gestützt auf das Kaisenberg-Gutachten, angefochten wird? Wegen<br />

der möglichen Niederlage gegen Hindenburg? Weil er gar nicht Präsident werden will?<br />

Dazu gibt es leider keine persönlichen Aussagen von Hitler. Jedenfalls entsteht durch die öffentliche<br />

Proklamation der Kandidatur Hitlers, bevor die Einbürgerungsfrage gelöst ist, ein<br />

zusätzlicher Handlungsdruck auf die Braunschweiger. Die Blamage würde noch größer, wenn<br />

die Einbürgerung jetzt noch scheitert.<br />

DNVP und Stahlhelm antworten auf die Kandidatur Hitlers mit Bildung des „schwarzweißroten<br />

Kampfblocks“ und der Kandidatur des zweiten Stahlhelmführers Duesterberg, der im Unterschied<br />

zu Seldte Hitler kritisch gegenüber steht. Vor dem zweiten Wahlgang soll erneut<br />

über einen Sammelkandidaten verhandelt werden.<br />

So stehen sich vier Lager im Wahlkampf gegenüber: Weimarer Koalition (Hindenburg) – alte<br />

Rechte (Duesterberg) – neue Rechte (Hitler) – KPD (Thälmann) mit gegensätzlichen Kalkülen.<br />

Bei der ersten Wahl Hindenburgs 1925 wurde er noch von der Weimarer Koalition bekämpft,<br />

die mit Braun bzw. Marx eigene Kandidaten nominierten. So können sich die Zeiten<br />

ändern! Ins Kalkül der NSDAP paßt die Kandidatur von Duesterberg, da dieser Hindenburg<br />

Stimmen entziehen wird. Stahlhelm/DNVP haben in diesem Machtpoker gegenüber Brüning<br />

und Hitler den Kürzeren gezogen. Der eigene Kandidat hat keine Chance. Hindenburg, dem<br />

man eigentlich nahesteht, wird geschwächt. Hitler, den man verhindern will, wird gestärkt.<br />

23.2.1932<br />

Der am 16.10.1931 vertagte Reichstag tritt zusammen, um die von der Reichsregierung vorgeschlagenen<br />

Wahltermine zu bestätigen. Daraus entwickelt sich eine viertägige Reichstagsdebatte,<br />

die den Wahlkampf (Hindenburg versus Hitler) eröffnet. Goebbels erwähnt in seiner<br />

Reichstagsrede bereits die Kandidatur von Hitler, die aber nicht zur Machtübernahme führen<br />

solle, und bezeichnet Hindenburg <strong>als</strong> den Kandidaten der SPD, der seine ehemaligen Wähler<br />

im Stich gelassen habe.<br />

Die DVP weigert sich in einem Schreiben von Brandes an Küchenthal, an einem „Rechtsgeschäft<br />

des Scheins“ mitzuwirken, ist aber grundsätzlich für Einbürgerung.<br />

Dieses Schreiben beinhaltet die grundsätzliche Zustimmung der DVP allerdings mit dem Vorbehalt,<br />

daß strikt legal zu verfahren ist. Demnach muß Hitler im Verständnis der DVP die<br />

Regierungsratsstelle auch ausfüllen und nicht nur den Schein wahren. Das Schreiben sollte<br />

laut Roloff jun. <strong>als</strong> „<strong>Dr</strong>uckmittel“ bezüglich der Legalitätsforderung eingesetzt werden. Entweder<br />

war die DVP naiv oder sie gibt sich einer Selbsttäuschung hin, denn Hitler hat niem<strong>als</strong><br />

ernsthaft erwogen, tatsächlich eine Beamtenstelle auszufüllen. Warum schreibt Brandes diesen<br />

Brief, nachdem der Antrag Wessel in der Fraktion am 21.2. einstimmig beschlossen worden<br />

ist? Gab es doch noch einen letzten Rest von Vorbehalt?<br />

Klagges fährt nach Berlin und bespricht mit Hitler und Frick die letzten Details im Hotel Kaiserhof.<br />

Er informiert anschließend Küchenthal, daß Hitler mit der Regierungsrat-Lösung einverstanden<br />

ist, weiß aber laut Roloff 1961 noch nichts von dem Brandes-Brief.<br />

Goebbels schickt Göring abends nach Braunschweig, der <strong>Dr</strong>uck auf Küchenthal ausübt, um<br />

die Ernennung Hitlers zu beschleunigen. Küchenthal hält Göring weiter hin, der Goebbels<br />

darüber informiert.<br />

So die Erinnerung Küchenthal.

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