Eine Theologie des Lebens. Dietrich Bonhoeffers - Universität ...
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Wüstenberg 04.07. 11.08.2006 13:18 Uhr Seite 102<br />
B. Von der Religionskritik zur Religionslosigkeit<br />
bericht) vom ›reformatorischen Protestantismus‹ unterschieden:<br />
In Europa gehe der ›religiöse Individualismus‹<br />
nicht auf den Pragmatismus zurück, sondern auf den englischen<br />
Deismus. Bonhoeffer vertieft diese Gedanken in der<br />
Vorlesung über ›Das Wesen der Kirche‹ von 1932; hier wird<br />
das »individualistische Denken« als »überaus wirksame<br />
Fehlerquelle« im Protestantismus erwiesen. »Die Individualisierung<br />
ist der Grundfehler protestantischer <strong>Theologie</strong>«<br />
(GS V 238). Für die Gotteserkenntnis bedeutet das:<br />
»Der einzelne wird zum Subjekt der Gotteserkenntnis. Die Frage<br />
nach dem ›Wie‹ der Gotteserkenntnis wird von Troeltsch mit dem<br />
religiösen Apriori beantwortet. Barth beantwortet sie mit dem Offenbarungsakt<br />
Gottes« (ibid).<br />
Interessanterweise zählt Bonhoeffer auch K. Barth (seit<br />
1929) zu den individualistischen Denkern. (In ›Akt und Sein‹<br />
wird die Individualismus-Kritik auch gegen K. Barths Offenbarungstheologie<br />
gerichtet; vgl. DBW 2, 122). In einem<br />
Predigt-Entwurf über Rechtfertigung von 1935 werden<br />
Aussagen über den Individualismus noch einmal grundsätzlich<br />
formuliert und der Unterschied zwischen Luther<br />
und der nachreformatorischen Zeit prägnant gefaßt.<br />
»Wir müssen endlich davon los, als ginge es [...] um das eigene<br />
Seelenheil <strong>des</strong> Einzelnen. [...] Bei diesem religiösen Individualismus<br />
und bei dieser Methodik bleibt der Mensch im Mittelpunkt.<br />
Es geht Luther trotz seiner Frage nach dem gnädigen Gott<br />
zuerst um das Heil Gottes und nur so auch um das Heil unserer<br />
Seele« (GS IV 202).<br />
Es ist vor diesem Hintergrund verständlich, wenn Bonhoeffer<br />
am 5. 5. 1944 fragt: »Ist nicht die individualistische Frage<br />
nach dem persönlichen Seelenheil uns allen fast völlig entschwunden«<br />
(WEN 312).<br />
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