Eine Theologie des Lebens. Dietrich Bonhoeffers - Universität ...
Eine Theologie des Lebens. Dietrich Bonhoeffers - Universität ...
Eine Theologie des Lebens. Dietrich Bonhoeffers - Universität ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wüstenberg 04.07. 11.08.2006 13:18 Uhr Seite 86<br />
B. Von der Religionskritik zur Religionslosigkeit<br />
a) Zur neuen Terminologie:<br />
Der erste große theologische Brief aus der Tegeler Gefängniszelle<br />
vom 30. 4. 1944 wirft die Frage auf:<br />
»Wie sprechen wir von Gott – ohne Religion, d. h. eben ohne die<br />
zeitbedingten Voraussetzungen der Metaphysik, der Innerlichkeit<br />
etc.?« (WEN 306).<br />
Religion wird unter den zeitbedingten Voraussetzungen als<br />
›Metaphysik‹ und ›Innerlichkeit‹ beschrieben. Im Brief vom<br />
5.5.1944 liest man wieder: »[...] religiös interpretieren [...]<br />
heißt m. E. einerseits metaphysisch, andrerseits individualistisch<br />
reden« (WEN 312).<br />
Was Religion in Form von Metaphysik bedeutet, entfaltet<br />
Bonhoeffer unter den Aspekten ›Gott‹ als ›Arbeitshypothese‹<br />
(WEN 393.413), ›Lückenbüßer‹ (WEN 341.413), ›Deus<br />
ex machina‹ (WEN 307. 394, vgl. auch 374). Die beiden zuletzt<br />
genannten Aspekte kann er auch unter den Sammelbegriff<br />
›naturwissenschaftliche Arbeitshypothese‹ stellen (vgl.<br />
WEN 393). Wendet sich die Kritik der ›Metaphysik‹ gegen<br />
religiös verstandene Transzendenz Gottes, so die der ›Innerlichkeit‹<br />
gegen mißverstandene Immanenz.<br />
»Die Zeit der Religion [...] war eine ›Zeit der Innerlichkeit und <strong>des</strong><br />
Gewissens‹« (WEN 305).<br />
›Religion als Innerlichkeit‹ kritisiert Bonhoeffer unter den<br />
Aspekten ›Partielles‹ (WEN 396.377 f.), ›religiös Bevorzugte‹<br />
(WEN 306 f.), ›Vormund Gott‹ (WEN 357 f.).<br />
Vergleichen wir die religionskritische Begrifflichkeit<br />
von ›Widerstand und Ergebung‹ mit der vor 1944, so fällt<br />
eine terminologische Veränderung auf. Die Frage soll zunächst<br />
rezeptionsgeschichtlich lauten: Woher kommen die<br />
Begriffe ›Metaphysik‹ und ›Innerlichkeit‹, die im Zusammenhang<br />
mit der These von der Religionslosigkeit stehen?<br />
86