Eine Theologie des Lebens. Dietrich Bonhoeffers - Universität ...
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Wüstenberg 04.07. 11.08.2006 13:18 Uhr Seite 96<br />
B. Von der Religionskritik zur Religionslosigkeit<br />
man aufmerksam auf diesen Fehlgriff (Rickert, Dilthey)« 20 . Der Diltheyverweis<br />
belegt wieder <strong>Bonhoeffers</strong> Vertrautheit mit Diltheys<br />
Einleitung.<br />
In der Einleitung bringt Dilthey die für die <strong>Lebens</strong>philosophie<br />
typische Metaphysikkritik vor. Metaphysik sei »eine<br />
geschichtlich begrenzte Erscheinung« (133). Im Unterschied<br />
dazu sei Religion eine fortwährend bestehende Größe:<br />
»[...] wenn die Tatsachen uns zwängen, an irgendeinem Punkte der<br />
sich rückwärts erstreckenden Linie <strong>des</strong> geschichtlichen Verlaufs<br />
einen religionslosen Zustand [...] anzunehmen – was jedoch nicht der<br />
Fall ist –, alsdann würde dieser Punkt zugleich ein Grenzpunkt <strong>des</strong><br />
historischen Verstehens sein« (138). Deutlicher: »[...] ausgeschlossen<br />
also ist das historische Verständnis eines religionslosen Zustan<strong>des</strong><br />
und der Entstehung <strong>des</strong> religiösen Zustan<strong>des</strong> aus ihm« (ibid).<br />
Der Begriff religionslos ist also früh belegt und kann Bonhoeffer<br />
schon aus der Lektüre der Ges. Schr. Bd. I (= Einleitung)<br />
von W. Dilthey bekannt geworden sein. In den Ges.<br />
Schr. Bd. II (= WuA) begegnet die Rede von der Religionslosigkeit<br />
nur marginal,21 so daß wir im Blick auf die Rezeptionsfrage<br />
eher auf den I. Band gewiesen sind. Bonhoeffer<br />
rezipiert den Terminus ›religionslos‹ kritisch: Religionslo-<br />
20) DBW 11, 146. In der Dudzus-Kompilation heißt es zu dem Dilthey-<br />
Beleg ausführlicher: »[...] besonders aber Dilthey in seiner systematischen<br />
Grundlegung der Geisteswissenschaften« (GS V 186). Ein<br />
Blick in das Inhaltsverzeichnis der Einleitung zeigt, daß W. Dilthey<br />
die von Bonhoeffer angesprochenen Themen behandelt, sogar in<br />
gleicher Reihenfolge: Naturwissenschaften ›Einleitung‹ 14 ff., Geschichtswissenschaften<br />
›Einleitung‹ 21 ff., Psychologie ›Einleitung‹<br />
64 ff., Soziologie ›Einleitung‹ 86 ff., <strong>Theologie</strong> ›Einleitung‹ 134 ff.<br />
21) Vgl. Weltanschauung und Analyse 54: »religionslose Moral«; W.<br />
Dilthey spricht hier nicht – wie in der ›Einleitung‹ – von einem<br />
›Verstehensprozeß‹ einer ›religionslosen Zeit‹.<br />
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