Richtlinien in Markensachen 1.7.2008
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Teil 4 – Materielle Markenprüfung<br />
Art. 20 MSchG enthält e<strong>in</strong>en ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten völkerrechtlicher Verträge.<br />
Hierzu gehören namentlich die von der Schweiz abgeschlossenen bilateralen Verträge<br />
betreffend den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen<br />
geografischen Angaben sowie das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte<br />
an geistigem Eigentum (TRIPS). Diese Verträge sehen e<strong>in</strong>en Schutz für die<br />
Herkunftsangaben vor, die sie ausdrücklich auflisten und für alle geografischen Namen und<br />
Zeichen, die unter die vom jeweiligen Vertrag gegebene Def<strong>in</strong>ition fallen. Entsprechend<br />
stützt sich die Zurückweisung e<strong>in</strong>es Zeichens, das e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> den Verträgen umschriebenen<br />
Tatbestand erfüllt, <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf den Verstoss gegen geltendes Recht 153 . In zweiter L<strong>in</strong>ie<br />
f<strong>in</strong>den – je nach Zeichen – auch die <strong>in</strong> Art. 2 lit. a und c MSchG geregelten<br />
Zurückweisungsgründe Anwendung (vgl. auch Ziff. 8.9 S. 126).<br />
8. Herkunftsangaben<br />
8.1 Begriff der Herkunftsangabe<br />
Art. 47 Abs. 1 MSchG def<strong>in</strong>iert als Herkunftsangabe (HKA) jeden direkten oder <strong>in</strong>direkten<br />
H<strong>in</strong>weis auf die geografische Herkunft e<strong>in</strong>er Ware oder e<strong>in</strong>er Dienstleistung, e<strong>in</strong>schliesslich<br />
H<strong>in</strong>weisen auf die Beschaffenheit oder auf Eigenschaften, die mit der Herkunft<br />
zusammenhängen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die geografische Herkunft dem<br />
bezeichneten Produkt e<strong>in</strong>en bestimmten Ruf verleiht 154 . Ob geografische Namen und<br />
Zeichen von den massgebenden Verkehrskreisen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Herkunftsangabe<br />
verstanden werden, ist im konkreten Fall nach dem Gesamte<strong>in</strong>druck zu beurteilen, den die<br />
fragliche Bezeichnung beim Publikum h<strong>in</strong>terlässt. Der Begriff „Herkunftsangabe“ ist somit<br />
enger gefasst als die Begriffe „geografisches Zeichen“ bzw. „geografischer Name“; letztere<br />
umfassen sämtliche Bezeichnungen geografischen Inhalts unabhängig von deren<br />
Qualifikation als Herkunftsangaben.<br />
Wie die Marke hat auch die Herkunftsangabe die Funktion, bestimmte Waren von Waren<br />
gleicher Natur zu unterscheiden. Die Unterscheidung soll hier aber nicht bezüglich der<br />
betrieblichen Herkunft erfolgen. Mit der Angabe sollen die Abnehmer vielmehr auf e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte geografische Herkunft h<strong>in</strong>gewiesen werden; diese steht im Pr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />
Bezug zu e<strong>in</strong>em bestimmten Unternehmen.<br />
Der Schutz e<strong>in</strong>er Herkunftsangabe besteht automatisch, d.h. e<strong>in</strong>e Registrierung der<br />
geografischen Angabe oder e<strong>in</strong>e behördliche Bewilligung zum Gebrauch s<strong>in</strong>d nicht<br />
notwendig 155 . Der Schutz nach Art. 47 ff. MSchG verbietet den Gebrauch unzutreffender<br />
Herkunftsangaben oder mit solchen verwechselbarer Bezeichnungen sowie den Gebrauch<br />
täuschender Herkunftsangaben.<br />
153 BGer <strong>in</strong> sic! 2003, 337 – Schlumpagner / Schlumpenoise; BGE 125 III 193 – BUDWEISER.<br />
154<br />
BGE 132 III 770 – COLORADO (fig.); BVGer B-7407/2006 – TOSCANELLA; BVGer B-7408/2006 –<br />
BTICINO (fig.).<br />
155<br />
Betreffend den Schutz für Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben gemäss<br />
Landwirtschaftsrecht vgl. Ziff. 8.8.4 S. 125.<br />
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