Richtlinien in Markensachen 1.7.2008
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3.7 Grenzfälle<br />
63<br />
Teil 4 – Materielle Markenprüfung<br />
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung s<strong>in</strong>d im Rahmen der Prüfung der absoluten<br />
Ausschlussgründe gemäss Art. 2 lit. a MSchG Grenzfälle e<strong>in</strong>zutragen, da im Streitfall die<br />
Überprüfung e<strong>in</strong>getragener Marken durch die Zivilgerichte vorbehalten bleibt 23 .<br />
Wo es nicht um die Zugehörigkeit zum Geme<strong>in</strong>gut, sondern um e<strong>in</strong>en irreführenden, gegen<br />
geltendes Recht, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstossenden Charakter<br />
e<strong>in</strong>es Zeichens geht, gilt dieser Grundsatz allerd<strong>in</strong>gs nicht 24 .<br />
3.8 Gleichbehandlung<br />
Im Rahmen der Markenprüfung s<strong>in</strong>d, aufgrund der <strong>in</strong> Art. 8 BV statuierten<br />
Gleichbehandlungspflicht, Sachverhalte, die ohne weiteres vergleichbar s<strong>in</strong>d und sich <strong>in</strong><br />
rechtlicher H<strong>in</strong>sicht nicht wesentlich unterscheiden, gleich zu behandeln 25 . Konkret bedeutet<br />
dies, dass e<strong>in</strong>e Gleichbehandlung nur <strong>in</strong>soweit <strong>in</strong> Frage stehen kann, als die fraglichen<br />
Zeichen <strong>in</strong> jeder relevanten H<strong>in</strong>sicht vergleichbar s<strong>in</strong>d (z.B. nach Art und Weise der<br />
Zeichenbildung, S<strong>in</strong>ngehalt, beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen 26 ).<br />
E<strong>in</strong> Anspruch auf E<strong>in</strong>tragung e<strong>in</strong>es Zeichens unter dem Titel Gleichbehandlung besteht nur,<br />
wenn beim Präzedenzfall das Recht richtig angewendet worden ist. Weicht die Praxis <strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>zelfällen vom Recht ab, kann aufgrund e<strong>in</strong>es solchen Vore<strong>in</strong>trags ke<strong>in</strong> Recht auf<br />
Gleichbehandlung (im Unrecht) geltend gemacht werden. Nur wenn das Recht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Mehrzahl von Fällen unkorrekt angewendet wird, und das Institut unmissverständlich zum<br />
Ausdruck br<strong>in</strong>gt, dass es an se<strong>in</strong>er rechtswidrigen Praxis festhalten will, kann e<strong>in</strong>e<br />
Gleichbehandlung im Unrecht verlangt werden 27 . Hat das Institut se<strong>in</strong>e Praxis geändert und<br />
erklärt, an der neuen Praxis festhalten zu wollen, besteht ebenfalls ke<strong>in</strong> Anspruch auf<br />
Behandlung nach der alten Praxis, selbst wenn die neue Praxis erst mit dem beurteilten Fall<br />
e<strong>in</strong>geführt worden ist 28 .<br />
Gemäss ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz der Gleichbehandlung im<br />
Markenbereich restriktiv anzuwenden, da bereits ger<strong>in</strong>gfügige Unterschiede im H<strong>in</strong>blick auf<br />
die Beurteilung der Schutzfähigkeit e<strong>in</strong>es Zeichens von grosser Bedeutung se<strong>in</strong> können 29 .<br />
23<br />
BGE 129 III 225 – MASTERPIECE.<br />
24<br />
BGer <strong>in</strong> PMMBl 1994 I 76 – ALASKA.<br />
25<br />
BVGer B-7421/2006 – WE MAKE IDEAS WORK; RKGE <strong>in</strong> sic! 2005, 19 – GELACTIV; RKGE <strong>in</strong> sic!<br />
2004, 403 – FINANZOPTIMIERER.<br />
26<br />
Vgl. RKGE <strong>in</strong> sic! 2004, 774 – READY2SNACK; für e<strong>in</strong>e Anwendung des<br />
Gleichbehandlungsgrundsatzes wird somit ke<strong>in</strong>e Waren- oder Dienstleistungsidentität verlangt.<br />
27<br />
BGer <strong>in</strong> sic! 2005, 278 – FIREMASTER; RKGE <strong>in</strong> sic! 2004, 403 – FINANZOPTIMIERER;<br />
betreffend Gleichbehandlung im Unrecht gegenüber sich selbst vgl. BGer <strong>in</strong> sic! 2004, 400 –<br />
DISCOVERY TRAVEL & ADVENTURE CHANNEL;.<br />
28<br />
BGer <strong>in</strong> sic! 2005, 646 – Zahnpastastrang, mit H<strong>in</strong>weis auf BGE 127 II 113.<br />
29<br />
BVGer B-1759/2007 – PIRATES OF THE CARIBBEAN; RKGE <strong>in</strong> sic! 2003, 134 – COOL ACTION;<br />
RKGE <strong>in</strong> sic! 1998, 303 – MASTERBANKING.