Richtlinien in Markensachen 1.7.2008
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Teil 4 – Materielle Markenprüfung<br />
Da sich der Schutzausschlussgrund der fehlenden Unterscheidungskraft unmittelbar aus der<br />
gesetzlichen Funktion der Marke 41 , nämlich der Unterscheidung der Produkte und/oder<br />
Dienstleistungen e<strong>in</strong>es Unternehmens von solchen anderer Unternehmen, ergibt, kommt ihm<br />
im Rahmen der Markenprüfung zentrale Bedeutung zu. Die konkrete Eignung e<strong>in</strong>es<br />
Zeichens, als betrieblicher Herkunftsh<strong>in</strong>weis zu dienen, ist konstitutives Erfordernis des<br />
Markenschutzes. E<strong>in</strong> Zeichen, dem die konkrete Unterscheidungskraft fehlt, ist aus diesem<br />
Grund vom Markenschutz ausgeschlossen, und die Frage nach dem Freihaltebedürfnis kann<br />
grundsätzlich offen bleiben 42 .<br />
Der Schutzausschlussgrund der fehlenden konkreten Unterscheidungskraft greift erst dann,<br />
wenn e<strong>in</strong>em Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.<br />
Bei der Prüfung der orig<strong>in</strong>ären (ursprünglichen) Unterscheidungskraft spielt der bereits<br />
erfolgte Gebrauch bzw. die „Bekanntheit“ e<strong>in</strong>es Zeichens ke<strong>in</strong>e Rolle 43 ; die orig<strong>in</strong>äre<br />
Unterscheidungskraft wird hypothetisch vor Aufnahme des Markengebrauchs gemessen 44 .<br />
Die nachträglich durch Gebrauch erworbene Unterscheidungskraft wird vom Institut nur auf<br />
Antrag geprüft 45 .<br />
4.3.2 Freihaltebedürfnis<br />
Freihaltebedürftig s<strong>in</strong>d all jene Zeichen, auf deren Verwendung die Konkurrenten aktuell oder<br />
<strong>in</strong> Zukunft angewiesen s<strong>in</strong>d (vgl. Ziff. 4.2 S. 65). Beispielsweise s<strong>in</strong>d Wörter freizuhalten, die<br />
zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen dienen können, aber auch Farben oder<br />
Formen, die e<strong>in</strong>e banale Ausstattung von Produkten darstellen.<br />
Das Freihaltebedürfnis wird im Rahmen der Markenprüfung <strong>in</strong> der Regel nur <strong>in</strong> zweiter L<strong>in</strong>ie,<br />
nach erfolgter Prüfung der konkreten Unterscheidungskraft e<strong>in</strong>es Zeichens, beurteilt; fehlt<br />
e<strong>in</strong>em Zeichen die Unterscheidungskraft, kann die Frage des Freihaltebedürfnisses offen<br />
gelassen werden (vgl. Ziff. 4.3.1 S. 66). Ist die Unterscheidungskraft h<strong>in</strong>gegen bejaht<br />
worden, muss das Freihaltebedürfnis zw<strong>in</strong>gend geprüft werden.<br />
An gewissen Zeichen besteht e<strong>in</strong> absolutes Freihaltebedürfnis, mit der Folge, dass e<strong>in</strong>e<br />
Verkehrsdurchsetzung ausgeschlossen ist (vgl. Ziff. 10.1.1 S. 130). Die Regelung von Art. 2<br />
lit. b MSchG ist Ausdruck e<strong>in</strong>es absoluten Freihaltebedürfnisses an bestimmten<br />
dreidimensionalen Zeichen (vgl. Ziff. 4.10.4 S. 89).<br />
41<br />
Vgl. Ziff. 2 S. 59.<br />
42<br />
RKGE <strong>in</strong> sic! 2004, 216 – GRIMSELSTROM; RKGE <strong>in</strong> sic! 2004, 403 – FINANZOPTIMIERER.<br />
43<br />
Vgl. BVGer B-7427/2006 – CHOCOLAT PAVOT (fig.).<br />
44<br />
BVGer B-1759/2007 – PIRATES OF THE CARIBBEAN.<br />
45 Vgl. Verkehrsdurchsetzung Ziff. 10 S. 129.