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Richtlinien in Markensachen 1.7.2008

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91<br />

Teil 4 – Materielle Markenprüfung<br />

beanspruchten Warensegment banalen Formgestaltungen abhebt, dass sie von den<br />

betroffenen Verkehrskreisen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Herkunftsh<strong>in</strong>weises verstanden wird 116 .<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d bei der Markenprüfung zuerst, gestützt auf die im beanspruchten<br />

Warensegment üblicherweise verwendeten Formen 117 , gedanklich e<strong>in</strong>e oder mehrere banale<br />

Warenformen zu def<strong>in</strong>ieren. Bei dieser Def<strong>in</strong>ition der banalen Warenform spielt die<br />

Formenvielfalt im betreffenden Warensegment e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle 118 . Denn bei grosser<br />

Formenvielfalt ist es schwieriger, e<strong>in</strong>e nicht banale Form zu schaffen, die von den<br />

Abnehmern als betrieblicher Herkunftsh<strong>in</strong>weis erachtet wird 119 . Dementsprechend gilt e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von Formen bzw. Formelementen als banale Gestaltung, wenn im jeweiligen<br />

Warenbereich e<strong>in</strong>e grosse Formenvielfalt herrscht 120 .<br />

Anschliessend ist die Abweichung der h<strong>in</strong>terlegten Form von der oder den banalen<br />

Warenformen des entsprechenden Produktsegments zu beurteilen, wobei der<br />

Gesamte<strong>in</strong>druck der h<strong>in</strong>terlegten Form zu würdigen ist 121 . Dabei gilt, dass die Unüblichkeit<br />

e<strong>in</strong>er Form (weil sie auf dem Markt neu ist bzw. nur durch e<strong>in</strong> Unternehmen verwendet wird)<br />

deren Zugehörigkeit zum Geme<strong>in</strong>gut nicht ausschliesst 122 . Denn entscheidend ist nicht, dass<br />

sich die zu beurteilende Form von ihren Konkurrenzprodukten unterscheidet. Massgebend ist<br />

e<strong>in</strong>zig, dass die Abweichung von dem im betreffenden Warensegment üblichen<br />

Formenschatz derart unerwartet und ungewöhnlich ist, dass die Form von den Abnehmern<br />

als betrieblicher Herkunftsh<strong>in</strong>weis verstanden wird 123 . So kann auch e<strong>in</strong>e unübliche<br />

Formgebung funktional bed<strong>in</strong>gt (z.B. durch Herstellung oder durch Gebrauchszweck)<br />

und/oder von ästhetischen Überlegungen geprägt se<strong>in</strong> und somit lediglich als re<strong>in</strong><br />

dekoratives bzw. als technisches Element verstanden werden. Solche Warenformen s<strong>in</strong>d<br />

banal. Als banal gelten auch Warenformen, die durch den Verwendungszweck bestimmt<br />

s<strong>in</strong>d, ohne dass sie technisch notwendig s<strong>in</strong>d (technisch bed<strong>in</strong>gte Warenformen).<br />

Entscheidend für die Beurteilung der Unterscheidungskraft e<strong>in</strong>es Zeichens ist gemäss den<br />

allgeme<strong>in</strong>en Grundsätzen (vgl. Ziff. 3 S. 60) dessen Wahrnehmung durch die<br />

angesprochenen Abnehmerkreise. Nur wenn letztere beim unbefangenen Betrachten e<strong>in</strong>er<br />

Waren- oder Verpackungsform neben deren funktionalen oder ästhetischen Aspekten auch<br />

e<strong>in</strong>en betrieblichen Herkunftsh<strong>in</strong>weis wahrnehmen, kann die Form als Marke geschützt<br />

werden.<br />

Betreffend Verkehrsdurchsetzung vgl. Ziff. 10.3.2 S. 133.<br />

116<br />

BGE 133 III 342 – Verpackungsbehälter; vgl. auch RKGE <strong>in</strong> sic! 2005, 471 – Siebstrahlregler.<br />

117<br />

Vgl. BGE 133 III 342 – Verpackungsbehälter.<br />

118<br />

Betr. das Vorgehen zur Ermittlung des Formenschatzes vgl. Ziff. 3.10 S. 64.<br />

119<br />

BGer 4A_466/2007 – Milchmäuse; BGE 133 III 342 – Verpackungsbehälter.<br />

120<br />

Vgl. RKGE <strong>in</strong> sic! 2005, 471 – Siebstrahlregler; RKGE <strong>in</strong> sic! 2003, 395 – Getränkeflasche.<br />

121<br />

BGer <strong>in</strong> sic! 2007, 831 – Flaschenform.<br />

122<br />

BGer <strong>in</strong> sic! 2007, 831 – Flaschenform; BGE 130 III 328 – Uhrband.<br />

123<br />

Vgl. RKGE <strong>in</strong> sic! 2005, 471 – Siebstrahlregler.

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