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Baronin Talleyrand - Musikantiquariat Dr. Ulrich Drüner

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Von den etwa 1000 Kanons, die Padre Martini in seinem langen Leben komponierte, sind<br />

nur 61 zu seinen Lebzeiten im <strong>Dr</strong>uck erschienen (Venedig 1770; posth. Bologna 1780 und<br />

London ca. 1800); der Zusatz Parte Prima beim Erstdruck zeigt indes an, dass der Padre<br />

noch mehr seiner launigen Gelegenheitsarbeiten der Öffentlichkeit zum besten zu geben<br />

gedachte. Die 25 Kanons unseres Manuskripts sind laut Auskunft von <strong>Dr</strong>. Nicolas Bell von<br />

der British Library (die als einzige Bibliothek alle drei <strong>Dr</strong>uck-Ausgaben besitzt) sämtlich<br />

enthalten, allerdings in einer völlig anderen Reihenfolge, die keine Rückschlüsse auf eine<br />

speziell frühe Entstehung zulassen. Zwei der Kanons sind in unserer Quelle noch untextiert;<br />

die übermäßige Enge der Textschrift lässt vermuten, dass zuerst die Musik entstand, der<br />

dann ein (manchmal völlig sinnloser, oft nur onomatopoetischer) Text unterlegt wurde. Auf<br />

diese mehrstufige Entstehung verweisen auch signifikante Textvarianten (patron im Ms.<br />

wird zu poltron im <strong>Dr</strong>uck), was auf die beabsichtigte Zuspitzung ins Komische und Vulgäre<br />

im Entstehungsverlauf schließen lässt: Einer der in unserem Ms. noch untextierten Kanons<br />

erhält im Erstdruck den erbaulichen Text „Al prit quand l’e pznin pznin pznin“; in gleicher<br />

Art ist auch der Kanon Nr. 6 unseres Manuskripts: „Và và và dov’é la mamma el Pá,<br />

mamma la pappa mamma la cacca mamma mamma la cacca“ mit endloser Wiederholung…<br />

Die Ähnlichkeit mit Mozarts skatologischen Produkten der gleichen kontrapunktischen<br />

Spezies ist sicher kein Zufall, sondern lässt sich wohl als zeittypisch betrachten. Die Familie<br />

<strong>Talleyrand</strong> scheint derlei Späße goutiert zu haben (siehe die folgende Katalog-Nr.).<br />

Musikautographen Martinis sind in den letzten 25 Jahren (im Gegensatz zu einigen Briefen)<br />

im Handel nicht nachweisbar. In seinen sonstigen Handschriften bemüht sich Martini (angesichts<br />

durchweg seriöser Inhalte) um eine wesentlich ordentlichere Schrift als in unserem teils<br />

sehr schnell hingeworfenen Manuskript. – Ich danke Herrn <strong>Dr</strong>. Bell für seine wertvolle Hilfe<br />

bei der Einordnung dieser Handschrift.

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