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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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10ist es. Ich belüge Sie schon nicht, bei den Honoraren!"Wir schwiegen. Sie starrte mich beinahe lüstern an, ich blickte über ihre goldbetressteSchulter hinweg zum Fenster hinaus in den grauen Himmel: Margasdott! Diesen Zusatzihres Namens hatte sie gehasst."Ich gehöre niemandem, und wenn ich wüsste, wohin so ein bekanntes Gesicht wie dasder dritten Thronfolgerin fliehen könnte, würde ich fliehen bis ans Ende aller Welt!"So hatten wir an einer abgelegenen <strong>St</strong>eilküste gesessen, Mayas Kopf in meinem Schossund tief unten das brüllende, Felsen beissende Meer. "Fassadenkletterin" hatte sie michgenannt und ein leiser Ton neidvoller Bewunderung auf meine Art, mit den immerbedrohlicher werdenden Problemen des Frauenlandes umzugehen, schwang darin mit."Was wirst du zuerst verändern, wenn die anderen sechs Geier dich lassen und dasSchranzentum der alten Tempelweiber?""Die Opfer -" Sie schauderte- "wenn ich die <strong>St</strong>elle meiner Mutter einnehme - die Opfer!"Der Vernehmungsoffizier wartete neugierig das Schweigen ab. Sollte ich ihr mein letztesQuäntchen <strong>St</strong>olz opfern? Allein Mayas Namen in dieser lässigen Umgebung zu denken,erschien mir wie eine Entweihung all dessen, was ich liebte und was mir in meinemhalblegalen Leben teuer und heilig war. Aber ich wollte nicht leben, ohne wenigstenseine Ahnung ihrer Sicherheit zu haben:"Was ist, wenn ich mich weigere?"Die goldbetresste Vernehmungsnussknackerin knöpfte sich die Jacke langsam zu undbeugte sich zu ihren Schuhen hinab. "Schade wäre das -" sie schlüpfte in die Schuheund zerrte vorgebeugt an den Schuhbändern. "Frauenland verliert zwei fähige jungeFrauen. Tragisch, ein hoher Preis für unsere Freiheit, für die <strong>St</strong>abilität."Sie schaute mir wieder ins Gesicht. "Leben und regelmässige Nachrichten - okay?"Sie stand auf und trat mit dem Absatz mehrm<strong>als</strong> auf die unter dem Teppich verborgeneKontaktglocke. Vier Ordonanzen sprangen zackig in das Zimmerchen, propere, blaueJäckchen, wie bunte Boleros, mit Silberstreifen, kecken Rangabzeichen, saubere Käppisüber strahlenden Gesichtern."Wir sehen uns dann. Abführen - Garbo-Haus, Bungalow vier!"Die Ordonanzen salutierten eifrig, bedachten diese etwas schmierige Demonstrantin mitneugierigen Blicken und führten mich, ohne mich überhaupt anzufassen, aus demgemütlichen Zimmerchen hinaus.Auf dem Gummen im Jahr 135 (2135 n.d.Zt.)Ich bin alt geworden, alt wie diese Ferienhaussiedlung, hoch oben in den ehemaligenSchweizer Alpen. Die Holzhäuser werden nicht mehr so oft gestrichen wie dam<strong>als</strong>, aberdas Plateau ist noch genauso unzugänglich wie eh und je: Die schmale, kurvenreiche<strong>St</strong>rasse ist gut kontrollierbar, ebenso die mörderisch verkommene Kabinenbahn, dieächzend und quietschend den Höhenunterschied vom Tal herauf bewältigt. DenZufahrtsweg von hinten über das Aeckerli haben wir gesperrt. Aber auch so lässt manuns hier oben, nach den beiden im Sande verlaufenen Scheinrevolutionen und dereinen, echten, brutal niedergeschlagenen mehr oder minder in Ruhe -: Eine Artdissidenter Altersruhesitz illegaler oder halblegaler Leute, meist Lesben, jeweils in

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