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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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82"Deshalb wart ihr Frauen alle so bedrückt beim Abendbrot. Die Mädchen bleiben absofort zu Hause, und wenn ich sie selbst unterrichten muss!" Er stützte den Kopf in dieHand. "Und die Kleine, Anna, was ist mit der?""Sie hat ihn weggeschüttelt. Schon in der Klasse, immer, aber sie hat Gespräche dergrösseren Jungen aufgeschnappt. Es scheint so, dass einige ihn durchs Fenster gesehenhaben.""Aber warum hat keiner etwas gesagt? Lena! Ich fasse das nicht.""Er muss wohl gesagt haben, dass Gott alles sehen würde, und wenn er Unrecht täte,solle Gott ihn auf der <strong>St</strong>elle strafen. Brave Mädchen müssten lernen, was Männer mögenund besser sei bei ihm <strong>als</strong> woanders!""Das ist zum Kotzen!""Er besitzt wahrscheinlich eine ganze Truhe heimlicher Süssigkeiten, irgendeine Ladungvom Festland, die er nicht im Dorf aufgeteilt hat. Er hat ihnen erst Bilder gezeigt, damitsie wissen, was Sünde ist, dann die Süssigkeiten, die heimliche Verschwörung und dannimmer so weiter!""Ich will nie wieder über Bett nässende Kinder herziehen! Johanna, der Himmel hat dichhergeschickt.""Nein. Ich habe das Gefühl, dass Anna selber sehr nahe daran war, sich zu äussern. Ichdenke, im Kontakt mit Erwin oder einem der anderen Bengels hätte sie das publikgemacht.""Aber auf Ute oder mich und höchstwahrscheinlich noch andere Mädchen hat Keinergehört!""Ihr wart auch alleine. Eure Altersgenossen kamen noch gar nicht auf die Idee, durchsFenster zu sehen. Es gibt auch einen Hilfslehrer und ich hörte, der soll längst nicht sostreng sein. Die Kinder sagten mir, er straft nie, aber er belohnt auch nie.""Wir gehen sofort, mit dem nächsten Kutter!""Aber die anderen hier? Und wohin, Heinrich, wohin? Er weiss doch ganz genau, dasskeiner von uns fort kann."Heinrich fuhr sich über den Kopf."Ich hatte immer das Gefühl, dass die Mädchen hier zu wenig lernen. Was wäre ichselber ohne die Bücher meines Vaters gewesen!""Und das Dorf ohne dich.""Warum wollt ihr euch vertreiben lassen? Sollen die Mädchen zu allem Überfluss nochdie Heimat verlieren? Ja, wo wollt ihr hin? Ich denke, Ella, du musst dieFrauenversammlung einberufen. Das wird die Räder mal tanzen lassen in eurerSpinnstube. Heinrich, wie schätzt du eure Männer ein?""Wie wir halt so sind. Entweder sie glauben kein Wort oder sie hängen John gleich anden nächsten Baum. Vergiss nicht, es gab bei uns nie so etwas wie ein öffentlichesGericht. Diebstähle oder andere kleinere Vergehen wie Prügeleien, Betrug um dreiBecher Honig, kamen vor den Ältestenrat. Das ist letztlich John mit zwei, drei Greisen anseiner Seite. Wir Jüngeren hatten da nichts mitzureden. War ja auch sehr bequem inunserer kleinen Gemeinschaft, oder? Wie entscheidest du dich, wenn zum Beispielherauskommt, dass dein liebster Nachbar Schmuggelware für den eigenen Hausbauunterschlagen hat?""Aber die Mädchen. Was machen wir mit Lena und Anna?"

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