34"Lag regelmässig bei deiner Mutter im Briefkasten. Kein Sperling weiss, woher eskommt. Es stand nur jeweils genau darauf, wie es verwendet werden sollte. Beinahewäre deine Mutter auf den dummen Gedanken gekommen, ihr Putzbudget damitaufzustocken!""Hast du eine Waffe für mich?""Natürlich. Wir haben beobachtet, dass so alle zwei bis drei Wochen eine dieserUniformladies sich bei dir abseilen lässt -" Sie schüttelte in gespielter Entrüstung denKopf. "Das unterläuft sämtliche Zermürbungstaktiken der Magna Matres. Was immer ihrda tut, ich hoffe, euer Verhältnis ist nicht zu gut. Du brauchst nämlich ihre Uniform fürdeine Flucht das Seil hinauf. Wir hoffen, dass du es schaffst, einen Helikopter zusteuern, respektive die Lady am <strong>St</strong>euerknüppel zu überreden, dich Heim zufliegen.""Ich werde sie umbringen.""Wen? Die Helikopterlady? Kannst du selber fliegen?""Nein, die kleine, schmierige, verkommende Uniform!""Es geht das Gerücht, dass sie Briefe schmuggelt. Teurer Spass, was?""Sehr teuer!""Ich verstehe." Sie schwieg einige Zeit. "Schlimme Geschichte! Das wird sie büssen.Früher machten Männer so etwas." Sie räusperte sich verlegen. "Also stimmen dieGerüchte? Wenn das eines Tages publik wird!""Bist du etwa zu Fuss hier durchgeschlichen?""Ja Die Sperlinge haben mich drei Monate für diesen Augenblick ausgebildet, ich kannnur ein Mal kommen. Die Hunde riechen das. Ich kenn' mich aus, deshalb hab ich denJob. Mein Onkel züchtet diese Viecher. Ich war oft bei ihm im Grenzland. Auf den Baumbin ich mit <strong>St</strong>eigeisen. Die Geländewächterinnen hätten mich ja sonst gesehen. Jetztpass auf, nein, schau' besser nicht: Ich schleudere die Waffe herüber. Sie ist mit Farbeverschmiert, damit uns das Blitzen im Sonnenlicht nicht verrät! Aber beeile dich! DeineWärterin steht ja wieder ins Haus. Wenn die Waffe gut landet, hebst du den Hut, <strong>als</strong>würdest du schwitzen und ich lasse die Leine los. Fällt sie unerreichbar für dich,zerknüllst du das Blatt Papier, an dem du gerade arbeitest. Verstanden?"Ich gab das vereinbarte Zeichen. Sekunden später klapperte die Waffe genau zwischenmeine Füsse, und ich hob den Hut. Dann stiess ich, scheinbar unbeabsichtigt, zweiBücher herab, beugte mich vom <strong>St</strong>uhl, sammelte Bücher und Waffe auf und schob sieblitzschnell, indem ich den Hut wieder vorschob, einfach hinter dem Nacken herab inmein in den Gürtel gestopftes Hemd."Wohin soll ich fliegen?""Ach - siehst du: Ich kann klettern und mit wilden Hunden umgehen. Aber ich bin sovergesslich! Aus mir wird nie etwas Vernünftiges.""Du bist die mutigste Frau, die mir seit fünf Jahren begegnet ist. Sollten Leute wie wirjem<strong>als</strong> Einflusshaben, ernennen wir dich zur Oberförsterin!"Sie lachte verlegen. "Okay! Hier die Koordinaten: Fliege direkt nach Norden." Siebeschrieb mir den Weg. "Bis dann!"Ich hörte sie den Baum wieder hinabklettern, dann sah ich sie hin und wieder auf einerLichtung auftauchen, sich leise von Baum zu Baum schleichen, bis sie irgendwo in demundurchdringlichen Grün verschwand. Ich hörte kein Mal die Hunde heulen, ich hörte sienicht hecheln und laufen, und so wusste ich, dass sie sicher wieder auf der anderen
35Seite der Mauer angekommen war.<strong>Dr</strong>ei Tage später seilte sich das Husarenuniformjäckchen über dem Flachdach der Villaab. Ich hatte mir angewöhnt, das Dach von Papierabfällen, ausgelaufenenKetchupflaschen, zermanschten Apfelsinenresten und aufgetauter Tiefkühlkost zubefreien. Einerseits war das eine neue und auf jeden Fall erstrebenswerteBeschäftigung, die mir auch für den Winter ein wenig Abwechslung bieten würde.Andererseits schränkte das saubere Flachdach meine saubere Husarin in ihrenseltsamen Spielereien wenigstens etwas ein. Es macht nämlich absolut keinen Spass,Mayonnaise verschmierte Fallschirmspringerinnenturnschuhe auf Knien abzulecken, nurweil die gnädige Dame das schaukelnde Seil nicht an einer sauberen <strong>St</strong>elle aufhaltenkann!"Weisst du -" sagte sie und begutachtete die sauberen <strong>St</strong>iefel - "selten, dass mir wirklicheine die Füsse leckt - schön, dich da unten zu sehen, du kleine <strong>St</strong>eineschmeisserin!" Siestiess mich zurück und warf den Briefumschlag in den verschmierten Klecks in welchemihre Füsse gelandet waren.Seitdem putzte ich das Dach, hielt die Küche sauber, schaffte organische Abfälle aufeinen Komposthaufen weiter weg vom Haus und verbrannte die anderen Reste auf einerFeuerstelle.Ich hatte die kleine Waffe am linken Unterschenkel unterhalb der Kniekehle befestigt. Eswar ein zweischneidiges, schmales <strong>St</strong>ilett. Die Göttin allein wusste, in welchem Museumes die Ratten oder Sperlinge gestohlen hatten, denn <strong>St</strong>ichwaffengebrauch war seitfünfzig Jahren tabuisiert und Schusswaffengebrauch sogar verboten. Die Magna Matresbrauchten keinen martialischen Erzwingungsstab, um die Interessen der Frauendurchzusetzen. Die Frauenwelt war auch eine waffenfreie Welt, zumindest äusserlich.Die Technologisierung der Kücheneinrichtung war, insbesondere in der Villa Garbo,soweit fortgeschritten, dass sich sämtliche Schneidegeräte sicher innerhalb gutverschweisster Küchenmaschinen befanden, die auseinander zunehmen ich langevergeblich versucht hatte. Einmal nur war es mir gelungen, eine rasiermessergrosseKlinge aus solch einem Zerkleinerungsapparat heraus zu brechen, doch die Maschinewar unwiderruflich und auffallend zerstört.Das perverse Jäckchen pflegte meist <strong>als</strong> erstes mit gezücktemElekrobetäubungsschlagstock die Kücheneinrichtung zu inspizieren, über deren genauen<strong>St</strong>and sie vorbildlich informiert war. Als sie die heraus gebrochene Küchenmaschineentdeckte, schüttelte sie nur missbilligend den Kopf, zog einen Brief aus der Tasche,steckte ihn dann in den nächsten Apparat, eine Kaffeemaschine, und stellte diese solange auf Hochtouren, bis nach Gummi stinkender Rauch aufstieg. Sie riss grinsend dieKaffeemühle aus ihrer Verankerung, kappte den <strong>St</strong>romkreis und warf das ganze in denKomposteimer, der dazumal noch voll in der Küche stand. Zischend und gurgelndversank die Mühle in der braunen Brühe. Es Dauerte drei Wochen, bis sie mir persönlicheine neue Mühle am Seil herab brachte, drei Wochen ohne Kaffee, der mich morgensinspirierte und mittags mein zwei-Uhr-Leistungstief fortspülte."Ich mag es eigentlich gar nicht, wenn Frauen Haare auf den Beinen haben!" beendetesie diese Szene, nahm die kleine, heraus gebrochene Klinge und schabte meine Beineab.
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