118Wie ein Messer kam die knallklare Frage angeflogen:"Du liebst die Elevin Maya Margasdott ab Sarga immer noch? Nach Alldem, was siediesen Beiden da angetan hat?"Ich starrte Shulamith an, ich wurde wütend, ich musste lachen und grinste verlegen. Ichbiss die Zähne aufeinander, um das Tiefenwasser zurückzuhalten und der Krampfpochte mir heiss in den Schädel hinauf."Du musst nicht darüber sprechen. Hannah hat mir Einiges erzählt. Es ist aus ihr herausgesprudelt, sie kann nichts dafür.""Was heisst lieben? Im Patriarchat schrieben sie über Liebende: `Und sie erkannteneinander.` Habe ich die Elevin wirklich gekannt?"Ich schaute Shulamith an, schüttelte den Kopf und wusste plötzlich so klar wie nie zuvorin meinem Leben, dass ich genau mit dieser Frau gehen wollte, bis ans Ende der Welt.Dass ich dieses schmale Gesicht zwischen meine Hände nehmen wollte, diese dunklenAugen küssen, diesen Ernst zum Lachen bringen wollte und gehen und bleiben, bis ichihr die Sache mit dem aufgebrochenen Fussboden erzählen würde, der schwanken Welt,hinter der nichts war <strong>als</strong> eine entsetzte, schreiende Johanna, leer und rasend ob einemElend, das sie selber nie gekannt. Ich wollte sie kennen lernen und eines Tagesvielleicht jene <strong>St</strong>ille zwischen Zweien finden, in der frau weiss, dass sie gesehen underkannt ist und darin ruhen darf wie der Vogel im Nest und das Küken in der Hand."Reichen dir denn deine eigenen Gefühle nicht?""Wie würdest du dich fühlen, wenn du wüsstest, dass du dein Leben, das deinerFreunde und Sonstnochwas riskiert hast, um einer machthungrigen ab Sarga willen? Ichhabe zwei Frauen umgebracht. Muss ich da nicht wissen, ob das Ganze das wert war?""Und wenn du tatsächlich herausfindest, dass sie das nicht wert war? Was ist, wenn dudich getäuscht hast?""Und was ist, wen ich recht hatte, Alles nicht stimmt und sie gar keine Chance hatte,ihrem Oberpriesterinnenstatus zu entkommen?""Aber Hanna und Jan-San lügen doch nicht.""Sie werden viele Hintergründe auch nicht erkannt haben. Möglicherweise hatte siekeine andere Wahl? Wissen wir denn, gegen wen sie kämpfen musste, ausser gegensich selbst? Wie viele Leute haben mir geholfen aber Wer stand für sie da? Haben wirnicht da, wo wir lieben Verantwortung?"" Ich kenne ein kleines altes Buch von einem kleinen Prinzen und der fühlt sich ganz undgar für seine Rose verantwortlich, auch wenn sie weit weit fort von ihm auf einemanderen Planeten wächst."" `Du bist für deine Rose verantwortlich. `""Sagte der Fuchs!" Shulamit lächelte verstohlen und sah mich nachdenklich an. " Undwas machst du, wenn du dich wieder einmal verliebst auf deinem Weg?""Ich liebe aber ich gehe, immer, solange, bis ich diese Geschichte gelöst habe.""Hui!" Sie verzog zweifelnd den Mund nach unten und schaute eine Weile auf ihrefesten, nicht so grossen Hände. Dann hob sie den Kopf und warf mir einen Blick zu, dermich an all jene Wasch-dir-ersteinmal-die-Hände-Aufforderungen erinnerte."Gehst du nachher mit mir ein bisschen 'raus?""Wann?""In ungefähr drei <strong>St</strong>unden hole ich dich. Jetzt schläfst du ein kleines bisschen, ja? Gehen
119wir in den Wald? Ausser -" Sie lächelte plötzlich. "du hast vom Laufen erst einmalgenug."Wir lachten beide."Nein, nein, es reicht noch bis zu einem gemütlichen Plätzchen mit romantischem Blick.""Gut, ich weiss eine <strong>St</strong>elle. Ich liebe die alten Fördertürme vor demSonnenuntergangshimmel. Schlaf wohl."Sie warf mir einen Blick zu und verliess den Raum, während ich nachdenklich und sehraufgewühlt das Deckbett zurückzuschlagen begann.Die ehemaligen Parkwege waren zu schmalen Trampelpfaden zusammengeschrumpft,rechts und links von schnell aufgeschossenen Birken, Haselnussbüschen undBrombeerhecken gesäumt. Dahinter begann der Tannenwald, teilweise abstammendvom ursprünglichen Fichtenbestand, der seit mehr <strong>als</strong> zwei Generationen Ruhe undMusse hatte, aus zu samen, teilweise aber auch aus neu ausgesetzten Bäumenbestehend, wie Shulamith, neben mir durch das Gras am Wege stapfend, erzählte."Wir-" Sie deutete hinter sich und umfasste den gesamten Gebäudekomplex des kleinenWaldkrankenhauses, "sind ein Frauenprojekt. Bis auf wenige Ausnahmen wie zumBeispiel Hannahs Jan-San nehmen wir auch nur Frauen auf. So zwanzig Kilometer vonhier haben die Jungs ihren eigenen Laden. Aber Notfälle versorgen sie natürlich auch.""Wieso lebst du dann nicht in einem Frauenland? Ich dachte immer, nur Konses undMänner entziehen sich."Shulamith lachte. "Vielleicht weiss ich es gar nicht. Ich bin wohl eine hoffnungsloseRevolutionsromantikerin.""Eine was?""In meiner Familie erzählten sie, es habe in den Umbruchszeiten eine Urgrosstante oderso etwas gegeben, die sei genau so gewesen. Als junge Frau wollte sie unbedingt denrevolutionären Massen in Mittelamerika beistehen, später gründete sie einFrauensanatorium in einem Land voller Vulkane. Danach beteiligte sie sich an einemfeministischen Hebammenprojekt in einem der tiefsten Islamländer.""Wie viele seid ihr?""<strong>Dr</strong>ei weitere Frauen, die eine medizinische Ausbildung haben; zwei sind Konses undleben mit ihren Männern auf halbem Weg zwischen ihrer und unserer Klinik.""Dann noch die Fahrerin? Weitere Frauen?""Ja, das sind mehr. Sieben Frauen insgesamt, für Technik, Wagenpark, Nachschub undso.""Aber es ist ein schweres Leben?""Na, das geht so. - Schau', da ist die Anhöhe, von da können wir herunterschauen."Zwischen die Bäume war eine Bank gesetzt worden, wir konnten, unter den Zweigenhindurch, über bewaldetes, begrüntes Land unter uns sehen. Links ahnte ich mehr, <strong>als</strong>ich es im Dämmerlicht sehen konnte, einen lang gestreckten See. Teilweise warenüberwachsene Ruinen an seinen Ufern zu erkennen. Im Westen, zur Rechten, sank nunin einem blutigen Dunst die Sonne auf die Wälder zu, über deren Baumspitzen sicheinige seltsame, treppenartige Gerüste mit riesigen Schwungrädern erhoben."Alte Fördertürme waren schon in der letzten Phase des Patriarchats nur nochgeschützte Baudenkmäler. Aber wir alle hier im Gebiet pflegen sie weiter. Unter ihnen
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