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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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119wir in den Wald? Ausser -" Sie lächelte plötzlich. "du hast vom Laufen erst einmalgenug."Wir lachten beide."Nein, nein, es reicht noch bis zu einem gemütlichen Plätzchen mit romantischem Blick.""Gut, ich weiss eine <strong>St</strong>elle. Ich liebe die alten Fördertürme vor demSonnenuntergangshimmel. Schlaf wohl."Sie warf mir einen Blick zu und verliess den Raum, während ich nachdenklich und sehraufgewühlt das Deckbett zurückzuschlagen begann.Die ehemaligen Parkwege waren zu schmalen Trampelpfaden zusammengeschrumpft,rechts und links von schnell aufgeschossenen Birken, Haselnussbüschen undBrombeerhecken gesäumt. Dahinter begann der Tannenwald, teilweise abstammendvom ursprünglichen Fichtenbestand, der seit mehr <strong>als</strong> zwei Generationen Ruhe undMusse hatte, aus zu samen, teilweise aber auch aus neu ausgesetzten Bäumenbestehend, wie Shulamith, neben mir durch das Gras am Wege stapfend, erzählte."Wir-" Sie deutete hinter sich und umfasste den gesamten Gebäudekomplex des kleinenWaldkrankenhauses, "sind ein Frauenprojekt. Bis auf wenige Ausnahmen wie zumBeispiel Hannahs Jan-San nehmen wir auch nur Frauen auf. So zwanzig Kilometer vonhier haben die Jungs ihren eigenen Laden. Aber Notfälle versorgen sie natürlich auch.""Wieso lebst du dann nicht in einem Frauenland? Ich dachte immer, nur Konses undMänner entziehen sich."Shulamith lachte. "Vielleicht weiss ich es gar nicht. Ich bin wohl eine hoffnungsloseRevolutionsromantikerin.""Eine was?""In meiner Familie erzählten sie, es habe in den Umbruchszeiten eine Urgrosstante oderso etwas gegeben, die sei genau so gewesen. Als junge Frau wollte sie unbedingt denrevolutionären Massen in Mittelamerika beistehen, später gründete sie einFrauensanatorium in einem Land voller Vulkane. Danach beteiligte sie sich an einemfeministischen Hebammenprojekt in einem der tiefsten Islamländer.""Wie viele seid ihr?""<strong>Dr</strong>ei weitere Frauen, die eine medizinische Ausbildung haben; zwei sind Konses undleben mit ihren Männern auf halbem Weg zwischen ihrer und unserer Klinik.""Dann noch die Fahrerin? Weitere Frauen?""Ja, das sind mehr. Sieben Frauen insgesamt, für Technik, Wagenpark, Nachschub undso.""Aber es ist ein schweres Leben?""Na, das geht so. - Schau', da ist die Anhöhe, von da können wir herunterschauen."Zwischen die Bäume war eine Bank gesetzt worden, wir konnten, unter den Zweigenhindurch, über bewaldetes, begrüntes Land unter uns sehen. Links ahnte ich mehr, <strong>als</strong>ich es im Dämmerlicht sehen konnte, einen lang gestreckten See. Teilweise warenüberwachsene Ruinen an seinen Ufern zu erkennen. Im Westen, zur Rechten, sank nunin einem blutigen Dunst die Sonne auf die Wälder zu, über deren Baumspitzen sicheinige seltsame, treppenartige Gerüste mit riesigen Schwungrädern erhoben."Alte Fördertürme waren schon in der letzten Phase des Patriarchats nur nochgeschützte Baudenkmäler. Aber wir alle hier im Gebiet pflegen sie weiter. Unter ihnen

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