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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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65Welches Leben ihnen diese Kraft, zu sehen und gesehen zu werden, genommen hatte?Wie hoch der Preis sein musste, um mit der Seele diese innerste Kraft und Feinheit desGeliebtwerdens irgendeinem Teufel aus Macht und Abscheu zu verkaufen?Vielleicht hatte es in meinem Leben ja auch solche Momente gegeben: Das klatschendeAufschlagen der Hubschrauberpilotin und die nächtliche Erinnerung daran im Traumzum Beispiel, die mich meinen liessen, meine Hände könnten nie wieder die Haut eineranderen berühren; vielleicht die Erinnerung an die Perfiditäten der properenHusarenuniform, die mich vor jedem freundlichen Blick bereits eine innere Schrankeherunterfallen liessen, wie ich es an Bord des kleinen Schmuggelkutters tat. Doch schonAnnelieses, Franks und Pits Fürsorglichkeiten begannen, diesen Schock wiederaufzuweichen, und sicherlich war es Ellas Art, vor mir durch die Waldschneise zustreifen, die alleine, ohne, dass ich etwas dazu tat, dieser Glaswand aus Schrecken undBlut Risse versetzten. Jedes Schwingen ihres Rockes ein kleiner Spalt, und jedesNaseschnupfen ein rundes, staunendes Loch aus Gelächter und Erkenntnis, dass esdiese Welt noch gab: Eine Welt aus Gefühlen, Verwirrungen und frei gewählter Naivität.Ob auch Maja solche Momente der Gnade erleben durfte?Oder erlebte sie das Schlimmere: Zu fallen ohne aufgefangen zu sein, verdreckt ohnedie Möglichkeit einer Reinwaschung, Verrat geübt zu haben ohne Verzeihen?Meine Hosenbeine waren inzwischen nachgetrocknet und ich fragte mich im <strong>St</strong>illen,wann mir diese saubere Seelengemeinschaft wohl die angemessene Kleidung zuweisenwürde.Wir liefen wieder am See vorbei hinüber zu einem der ehemaligen Landabeiterhäuschen.Ella schielte an mir herab."Wir Frauen haben eine Art Kleidersammlung für dich veranstaltet. Der Packen wird dirdann gleich feierlich überreicht.""Hast du auch etwas gespendet?" Ich umfasste lächelnd mit einem Blick ihre lange,schlanke Gestalt, und sie schniefte belustigt."Zwei Paar frisch gestopfte Socken."Wir standen vor dem Häuschen. Ella klopfte an und rief gleichzeitig: "Wir sind da-ha!"Die Türe wurde aufgezogen, Laura schaute heraus und nickte bestätigend."Kommt herein. Ach, Ella! Rennst du wieder in Hosen durch das Dorf! Und Johannaauch! Wir hätten euch die Röcke herüberbringen müssen.""Hab's vergessen Mama!" Ella verzog die Mundwinkel und warf mir einen ernsten Blickzu. "Also, du weisst das ja schon: Das ist meine Mutter: Laura, Johanna.""Ich weiss." Laura führte uns durch einen niedrigen Gang. "Ich habe sie bei denMännern gesehen. Hat 'ne ziemlich grosse Klappe und lässt sich gerne bedienen!" Siestiess eine Türe am Ende des Ganges auf, und ich fuhr erschrocken einen Schritt zurück.Weite, knöchellange, wallende Gewänder, zu denen Röcke ja ohne Zweifel auch zuzählen sind, waren im Frauenland das Zeichen des spirituellen <strong>St</strong>andes und den MagnaMatres vorbehalten, den Priestern in den Heiligen Hainen sowie den Elevinnen ein Jahrvor ihrer Weihe.Vielleicht war Maya mittlerweile soweit, die Toga der spirituell fortgeschrittenenElevinnen zu tragen?

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