13.07.2015 Aufrufe

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

29unzensierten Zeilen, aus denen mir Mayas Abgründigkeit entgegen sprach, der ichletztlich, verkauft, verraten, eigentlich nur bitteren Überlebenszynismus hätteentgegensetzen können. Doch diesen verschwieg ich ihr gegenüber, hängte denZynismus meinen Gestalten um, wie die Regenmäntel den spätpatriarchalen Detektiven,und schrieb ihr von den Vögeln und den Bäumen, vom Meer hinter der Mauer undmeiner Sehnsucht nach ihr. Ich bevölkerte mein getriebenes, verlorenes Gehirn mit denGestalten meiner Romane, ich liess sie durch die Hirnwindungen klettern und anGanglien schaukeln, ihre Aktionen knallten die Synapsen entlang, und nebenbeierschöpfte ich den Körper durch eisernes Schwimmtraining, tägliches Laufen,Kraftübungen bis zum Umfallen. Ich grub pro Woche einen halben Hektar Land um,raufte Unkraut aus, wuchernde Büsche, so dass das unmittelbare Areal der Villa baldaussah wie ein kleiner ökologischer Betrieb mit sauberen Wegen zwischen denÄckerchen."Ich habe mich entschieden, den geraden Weg zu gehen -"Dieser von mir so teuer erkaufte Satz von Dscheltisnaja Maya klang, ein eigenerRhythmus, in mir, folgte meinen Füssen, bestimmte den Trott, der mich nach langen<strong>St</strong>unden Whiskyschlaf und fünf kalten Runden im Pool das Mauerviereck entlang führte.Rund, rund auf dem ausgetretenen Joggingpfad. Man hatte wohl in zensierten Briefen,die mir nie zugegangen waren, bereits diese Tendenz erkannt, und gebrauchte dasscheinbar illegal erkaufte Privileg unkontrollierten Briefwechsels nun <strong>als</strong> weitereZermürbungstaktik. Maya Margasdott ab Sarga war auf den rechten Weg zurückgekehrt,und ich nur eine teuere Last, deren '<strong>St</strong>ipendium' vielleicht noch widerwillig finanziertwurde, solange die junge ab Sarga ein Auge drauf hatte. Doch die Erinnerungen anmich würden wohl nach und nach im <strong>St</strong>rudel der grossen Würden, der Ämter und Feiernuntergehen. Die kleine Turnschuhlesbe aus dem illegalen Untergrund nur ein blasserJugendtraum sein, überstrahlt von Lärm und Lust unumschränkter Ehren.Es ging nur noch um mich, begriff ich mit eiskaltem Entsetzen. Mein Überleben war eineFrage der Zeit.Und doch, irgendein Trotz bäumte sich in mir auf, und wenn es eine Taktik von Majawar? Ihre Art, grössere Privilegien freizukämpfen, Spielraum zu erhalten, die anderen inSicherheit zu wiegen? Die Zweideutigkeit des geschriebenen Wortes <strong>als</strong> Rettungsankerauszuwerfen, geraden Wegs und direkt?Ich stürzte vom Morgenlauf in die Villa zurück, blätterte mit fliegenden Fingern ihreBriefe durch, die zensierten, beschmutzten und zerrissenen der ersten Phase und diesauberen, nur von mir geöffneten, mit Blut und Vernunft Erkauften der zweiten Phase.Ich hatte meine Tage gehabt, <strong>als</strong> das Husarenuniformjäckchen das letzte Mal bei mirgewesen war. Doch die Hoffnung, dass das ihre saubere Gewalttätigkeit abhaltenkönne, hatte mich getrogen."Das gleitet dann besser", antwortete sie und wandte eine Fausttechnik an, die ich wohlaus merkwürdig-alten Zeitschriften kannte, aber über die wir nicht einmal im kicherndenFreundinnenkreis gesprochen hatten.In Folge jener weltweiten Epidemie des ausgehenden Spätpatriarchats, die Millionenschwuler Brüder oder auch heterosexuell liebenden Frauen und Männern das Lebengekostet hatte, waren in der heilen Frauenwelt gewalttätige Praktiken strengstens

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!