88<strong>St</strong>immen oder die Schmerzen in Armen und Schultern, wenn die Schienen neu gerichtetwurden. Einmal standen sogar Anneliese und Frank gross mit ihren blauen Pullovern inmeiner kleinen Kammer und sahen auf mich herunter."Ich träume wohl im Fieberwahn!" Versuchte ich zu scherzen, aber Anneliese schüttelteden Kopf."Wir sind echt. Eine Freundin von uns hat im real existierenden niederländischenFrauenreich ein Medikamentendepot durchstöbert."Frank stiess sie an."Ausgeraubt, wollte sie sagen. Wenn das deren Königin wüsste! Ziemlich hakennasig,die Alte. Vereint in ihrer Person so viele reizende Eigenschaften, wie eure sieben MagnaMatres zusammen! Was ist bloss aus der europäischen Demokratie geworden?" Erseufzte in gespielter Entrüstung. " Wusstest du, dass wir <strong>St</strong>örtebecker zu unserenVorfahren zählten? Mir scheint, die letzten Gleichteiler und Basisdemokraten schippernauf unseren Kuttern umher: Aber wir haben das nicht nur für dich getan, keine Angst.Auf den Inseln kommt ja immer mal was vor, besonders im Winter!""Laura wehrt sich natürlich mit Händen und Füssen gegen unsere Medikamente. Siemeint, ihr Weidenrutensud sei genauso gut wie unsere Pillchen, die wir herangefahrenhaben.""Salycilsäure, ist auch dasselbe. Sie kühlt mit dem Sud meinen Kopf, aua! Abends einenLöffel, morgens einen Löffel.""Wie immer. Frauen halten sich mit Nebensächlichkeiten auf. Sagt dir das Wort'Sperlinge' etwas?"Sie konnten mich gerade noch festhalten, sonst wäre ich, Schienen und Schmerzen hinoder her, aus dem Bett gesprungen."Nur eine mündliche Botschaft, sicherheitshalber. Unsere Freundin ist ihnen beim Depotbegegnet. 'Schlüsselübergabe' nennt man das wohl. Sie vermissen dich und fürchtenfast, du seiest bekehrt worden!" Frank schmunzelte, Anneliese ergänzte seineBemerkung mit einem leisen Lachen. "Aber her trauen sie sich trotzdem nicht. Das Landsei ihnen zu flach, lässt dir eine zukünftige Oberförsterin ausrichten. Was ist denn dasfür ein konspirativer Code?""Ich will heim." Plötzlich fühlte ich mich wie ein kleines Kind."Das geht wohl nicht." Anneliese liess sich auf dem Bettrand nieder und nahm meinelinke, ungebrochene Hand. Sie warf Frank einen Blick zu, und der verliess mit denWorten "Jetzt kommen wohl so Frauensachen dran!" meine Schlaf-Speisekammer."Pit ist auch da. Ella hat mir alles, was du hier in den letzten Wochen angezettelt hasterzählt.""Ich habe doch Nichts angezettelt!""Nein, sicher nicht. So ein Ekel! Aber er kam mir immer ein bisschen unecht vor, dieserfromme Dorfschulze. Es gibt nun Fronten im Dorf. Sarahs Tochter und die grossenJungen haben ausgepackt. Joli hat inzwischen von ihrer Schulzeit erzählt. Die meistenjungen Frauen, Klaus, Heinrich und eben Pit <strong>als</strong> Verstärkung stehen auf eurer Seite.Laura auch, aber eher, weil es beinahe ihre Tochter getroffen hätte. Die Männer und dieanderen alten Frauen mauern. Ella und Heinrich wollen eine Dorfgeneralversammlungeinberufen, um ihn abzusetzen. Es soll eine Art ordentliche, öffentlicheGerichtsverhandlung geben, vor der du auch sprechen sollst. Aber dazu musst du wieder
89gesund sein. Die meisten Mädchen werden jetzt im Versammlungshaus von Kai-Tenunterrichtet. Laura oder eine der Mütter ist immer dabei.""Und was ist mit Pater John selber?""Nun, er läuft mit finsterer Miene herum und tuschelt mit seinen Verbündeten. Heinrichund Ella schneidet er, <strong>als</strong> hätte er sie nie gekannt."Das Dorf war weit fort und die kleine Pillenschachtel aus dem Frauenlanddepot wuchsvor meinen Augen, wurde grösser und grösser wie der Haupttempel in meinerHeimatstadt."Was gibt es Neues?" flüsterte ich, und Anneliese stutzte erst."Erzähle ich doch gerade. Ach, du meinst, in deinem Land! Die Sperlinge arbeiten, auchohne dich. Sie planen eine Art illegale Wandzeitung, auf die man nachts, wer immer daswill, seine Unzufriedenheiten anheften kann. Auf diese Art versuchen sie, erst einmalWorte und genauere Fakten für die allgemeine Unzufriedenheit zu formulieren.""Sie sollten lieber die Tempel in die Luft sprengen!""Ganz schön heftig, deine politische Entwicklung in den letzten Wochen, Johanna! Achja, und diese, diese - na, wie hat sie die Frauen genannt? Die dann so Oberpriesterinnensind. Die wurden geweiht oder haben Karriere gemacht. Eine soll wohl im letzten Jahr inSchwierigkeiten gewesen sein, ist beinahe vom Tempeldach gefallen. Aber die ist nunwohl die Beste. Die Sperlingsfrau meinte, wenn die nächste eurer Top Sieben stürbe,würde sie nachrücken! Ich habe das nicht so ganz verstanden. Bei uns auf See gibt eseinen Kapitän. Manche Schmuggelkutter haben auch Kapitäninnen. Aber so kompliziertwie bei euch ist das nicht. Was ist? Rede ich zuviel? Wir haben halt an Bord zu wenigGelegenheit dazu. Du weinst? Hast du Heimweh?" Vorsichtig streichelte sie über meinGesicht, hielt die gesunde Hand und begann, leise ein Lied zu summen. Irgendein altesSeemannslied vom Matrosen, der unterwegs ist und sich nach seiner Liebe sehnt, dieweit, weit hinter dem Horizont geblieben ist, unerreichbar fern.Ich schlief wieder ein.Nach einigen Tagen konnte ich im Bett bereits wieder sitzen. Die Mädchen trauten sichherein und Erwin tauchte tatsächlich mit einem selbst gepflückten <strong>St</strong>rauss der letztenwilden Herbstblumen auf. "Zum Einmonatigen!" Wie er sich grinsend ausdrückte.Ella und Laura lösten einander in meiner Pflege ab und eines Tages durften die <strong>St</strong>offumwickelten Holzschienen wieder herunter, Laura gab mir Hausaufgaben auf, wie ichdurch Kneten und andere Gymnastik Arme und Schultern wieder stärken könnte. Laurahatte ihr eine Salbe gegeben und Ella bestand darauf, Arm und Schultern jeden Tagdamit einzureiben. Die Salbe wärmte, roch nach Mottenpulver und Spinat."Ich kann das eigentlich inzwischen selber machen." Protestierte ich und wollte einesMorgens den Tiegel selber nehmen."Deine Mutter sagt, ich müsse mich nun bewegen. Ich soll sogar über Mittag zwei<strong>St</strong>unden aufstehen, dir in der Küche helfen oder spazieren gehen.""Ich mache es gerne." Ella schaute auf ihre Hände, <strong>als</strong> rieben die alleine meineSchultern und meinen Arm ein, dabei hielt sie mit ihrer Linken meine Hand."Aber ich werde nicht gerne bedient. Das ist mir komisch.""Ohne dich würde ich niemanden mehr bedienen.""Das weisst du nicht. Das war Zufall.""Nein, das galt uns beiden."
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