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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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144aufgeregt von einem Bein auf das andere und der Junge nickte bestätigend."Ihr könnt sicher sein, an mir soll es nicht liegen und im Haus haben wir schon warmeMilch für das Baby bereit, Decken und all so`n Kram für kleine Säuglinge.""Auch das Schnullerfläschlein mit Schnaps, Shulamit? Die Kleine m u s s einfachschlafen, bis ihr wieder im Haus seit." Sascha klopfte besorgt auf den Rucksack, den ichum den Rücken geschnallt trug.Dann umarmten uns die beiden Männer kurz und machten sich in die von dem Jungenangedeutete Richtung auf den Weg, zu der <strong>St</strong>rasse, in welchem das Haus seinerWohngemeinschaft lag. Auch unser letzter Wegbegleiter, der uns zehn <strong>St</strong>unden aus denHöhen des Schwarzwaldes bis hierher geleitet hatte, verabschiedete sich mit einemkurzen Handschlag und verschwand zwischen den Häusern des Dorfes, die Infiziertenund ihre Liebhaber aufzusuchen und seine Nachrichten abzugeben, während der Jungeuns bedeutete, ihm zu folgen.Sascha und Jakob wollten im Haus des Jungen warten, um Shulamit und das Mädchenin Empfang zu nehmen und sicher Richtung Norden, zu den Krankentransporten zubegleiten.Ich selber wollte mich noch in der gleichen Nacht, wenn Alles gut ginge davon machen,um möglichst viel Raum zwischen mich und die Mainau zu legen, wenn irgendwann inden frühen Morgenstunden wohl die Kindsentführung entdeckt werden würde und dieFahndung los ginge.In einem weiten Bogen führte er Shulamith und mich um das nächtliche Dorf herumzum See hinab.Der Südsee lag silbrig schimmernd da, linker Hand erblickten wir die gemauerten Resteeines alten Schwimmbades; ein paar abgedeckte Kähne dümpelten an Ketten vor derKaimauer wie schlafend treue Hunde. Auf der anderen Seite, rechts von unserem<strong>St</strong>andort, hinter einem Schilfstreifen, ragten nun <strong>St</strong>roh gedeckte, spitzig hohe Dächerauf, die scheinbar auf dem Wasser ruhten, wie seltsame, dunkle Schwäne ausschwarzem Holz."Sie erhalten es, wissen aber nicht, was damit tun." Flüsterte der Junge, während er unsdurch das Schilf vorsichtig näher an das Pfahlbaudorf heranführte."Warum denn nicht? Ist doch ein feiner Beweis frauenzentrierter Kulturen vor dendunklen Zeiten des Patriarchats! Oder?" Shulamith schüttelte den Kopf."Ja." Der Junge nickte und trat mit uns auf den Bohlenweg hinaus, der zu der hölzernenPlattform über dem Wasser, auf der die Häuser errichtet wurden, führte. "Vor denKriegen haben sie wohl sogar Wandreste mit Verputz und Busen dran gefunden." Erschaute uns verlegen an. "Aber das ist das Problem. Die Leute, die hier wohnten,müssen sich gleich gern gehabt haben. Es gibt nicht so was wie Tempel oder, na ja,Kalistatuen. Das passt halt mit uns heute nicht zusammen.""Ausserdem: Die vielen Besucherinnen mitten in eine Männerprovinz hinein! Wie sollendie Husarenjäckchen das managen?" Ich lachte und schaute durch eine der Türen in dasInnere einer frühbronzezeitlichen Wohnstube. Im Mondinnendämmerlicht, das durch dieFensteröffnungen fiel, sah ich grosse, tönerne Gefässe, deren Ösen, um sie vermutlichan Schnüren in die Balken zu hängen, wie kleine Brüste junger Frauen wirkten. Aufeinen Krug waren Augen oder aberm<strong>als</strong> Brüste gemalt, die gleich einer strengen,zeitlosen Eule aus dem dunklen Holzraum drohten. In der Ecke blinkte ein Beil wie

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