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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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139Tropfen in seinen alten Augen, und er schüttelte den Kopf wie ein alter, in den Regengekommener Hund. "Das ist unsere Mutter, unsere Grossmutter, die aus deinerFreundin spricht, Shulamith! So waren sie, die Alten, die Gründerinnen, die ersten, diedam<strong>als</strong>, vor mehr wie hundert Jahren, auf die <strong>St</strong>rassen rannten und brüllten, 'Wir habenabgetrieben!', selbst wenn sie nie auch nur einen nackten Mann von der Ferne gesehenhatten! Ich frage mich nur immer, wer ihnen, nein, euch, den Einfluss aus den Händengenommen hat?"Shulamith sah ihn neugierig an. "Wissen Sie viel von unserer Geschichte?""Ein wenig. Ich habe unsere Mutter, unsere Adoptivmutter natürlich, immer sehrbewundert und das Wenige, was wir von ihrer Mutter wussten. Sie war eine Lesbe, wiedu, Johanna, <strong>als</strong> flösse tatsächlich ihr Blut in deinen Adern, ihr Geist! Du erinnerst michan sie und an deine Mutter, meine Schwester. Ihr ewigen Dickschädel." Er schaute michbesorgt an und schüttelte den Kopf. "Nicht dieser werdenden Magna Mater willst du indie Augen sehen, Johanna, sondern dir selber! Du willst wissen, was daran war, wofürdu dich verhaften liessest. Aber was wirst du sehen, was wirst du sehen?" Er fasstemich sachte an den Schultern. "Nichts, denke ich, nichts! Hast du davor keine Angst?""Ich weiss es nicht, Tate, ich kann es dir nicht sagen. Ich will sie konfrontieren und ihrunsere alte Frage noch einmal stellen: Wohin gehörst du? Wenn zu uns, dann kommmit!""Aber die Frau hier neben dir, Johanna, die Lange auf dem Kutter mit den Kinder, hastdu die nicht geliebt? Weisst du noch immer nicht, was Liebe ist? Du dummes Mädchen!"Er schüttelte mich wirklich am Arme, wie früher, <strong>als</strong> ich ein kleines Mädchen war undHimbeersosse über eines seiner kostbaren, alten Bücher geschüttet hatte, die er imKeller aufbewahrte und heimlich hin und wieder zum Auslüften aus ihren<strong>St</strong>einverstecken zerren musste. "Was tust du solchen an, die zu Hause bleiben und nichtihrer Seele nachstreunen?" Er schaute mich plötzlich richtig böse an und seine tausendFalten blitzten durch die Zeit."Irgendwann muss man handeln, Tate und nicht mehr jammern! Das weisst du dochselber. Irgendwann hat auch solch eine leichtsinnige junge Lesbe es geschafft, denkonspirativen Kokon zu verlassen. Natürlich will ich wissen, was aus Maja geworden istund ob ich mich getäuscht habe. Aber ich will auch schlicht, dass kleine Mädchen soaufwachsen, dass sie alle Wahl der Welt haben, was sie aus ihrem Leben machen wollenund dass das Lebensziel kleiner Jungen anders aussieht, wie mit zerrissenem Körper inirgendeiner Grube zu enden!""Mir ist sie lieber so, Tate Martin. Eine Frau, die so denkt und so handelt wie Johanna,dann doch zurückkehrt und vielleicht bleibt. Ist sie nicht das Risiko wert?""Wenn sie denn da 'raus kommt und wenn sie bleibt!" Brummte er unwirsch und sahmich finster an. "Himmel, was für ein Weiberhaufen! Wäre ich eine Frau, Jo und hätteich noch alle Wahl dieser Welt, ich würde genauso handeln wie du!"Wir lachten und klopften Tate Martin liebevoll auf die Schulterblätter."Hilfst du uns? Wir wollen in die Elevinnengärten, das kleine Mädchen von Hannah undJan-San herausholen. Dann will ich Maja in Constantia treffen. Wie weiss ich noch nicht.Was rätst du uns, kannst du uns helfen?""Das zählt ihr so lose auf, <strong>als</strong> gälte es, nur rasch mal zwei Eis und ein <strong>St</strong>ück Kuchen amSonntagnachmittag beim Bäcker zu besorgen! Bei Letzterem hilft dir alleine die Göttin.

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