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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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87"Du denn?"Sie lächelte. "Als brave Konse hatte ich grosse Chancen dazu. Aber schon <strong>als</strong>eigenwillige Konse wird es schwierig."Die <strong>St</strong>immen der Männer im Hintergrund waren verstummt, die baumfreie <strong>St</strong>elle mit denbereits geschlagenen <strong>St</strong>ämmen lag schweigend in der wärmenden Mittagssonne da."Sie sind wohl schon essen, wir sollten uns auch auf den Weg machen." Sie griff nachdem Korb, <strong>als</strong> ich plötzlich ein knarrendes Geräusch vernahm. Ich starrte nach oben. Dieriesige Baumkrone stürzte wie in Zeitlupe aus dem gesprenkelten Himmel auf uns zu,kaum in der Perspektive zu sehen vor dem Laubschattenspiel der anderen Bäume undÄste, nur dieses Ohren betäubende Krachen! Ich stiess Ella mit Macht über ihren Korbbeiseite und versuchte, mich mit dem gleichen Schwung nach links zu werfen. Dann wardas Prasseln und Bersten über mir und ich vernahm nichts mehr <strong>als</strong> eine abgrundtiefeDunkelheit und das lange Schweigen vor dem Tod.Das erste, was ich hörte, waren leise <strong>St</strong>immen. Ich versuchte, ein Auge zu öffnen, undmein Blick fiel auf einen dieser breiten Röcke mit der dunklen Schürze darüber. Zweialte, knorrige Hände hielten eine Schale, aus der sie nun ein Tuch zogen und esausdrückten. Die Gestalt beugte sich vor. Es war Lauras <strong>St</strong>imme, die sagte:"Sie wacht auf." Dann senkte sich ihr Kopf herab, und legte mir das irgendwie nach Teeund Bitterkeit duftende Tuch auf die <strong>St</strong>irn. "Du kannst die Augen zu lassen. Der Teebeisst. Und lieg' still! Du hast einen Oberarm gebrochen und wahrscheinlich dasSchlüsselbein. Was mit deinem Kopf ist, wissen wir noch nicht.""Er tut weh!" Meine Worte dröhnten von Hirnplatte zu Hirnplatte, meine Ohrenkrümmten sich vor Schmerzen."Natürlich -""Ella -""Ihr habt Glück gehabt. Der <strong>St</strong>amm ist zwischen euch heruntergerasselt. Ella ist mit demSchrecken davongekommen und hat Hilfe geholt.""Was ist denn passiert?""Du fragst schon wieder zuviel. Na ja, es ist nicht mein Kopf, der schmerzt. Die Männerhatten vor dem Essen einen <strong>St</strong>amm verkeilt, den sie angesägt hatten. Sie wollten ihnam Nachmittag fertig fällen. Die <strong>St</strong>ützen oder Keile sind umgebrochen, ein Tier oder somuss daran gekommen sein." Sie schwieg und sah mich nachdenklich aus ihren altenAugen an. "Du hast Unruhe ins Dorf gebracht, Johanna. Aber ich weiss nicht, was ichsagen würde, wenn es Ella getroffen hätte, ich habe ja nur noch sie." Ihre alten Händerührten in der Flüssigkeit herum, dann nahm sie mir das Tuch von der <strong>St</strong>irn. "Das istgegen Fieber und für deinen Kopf. Schlaf' jetzt. Heinz hat gesagt, wir dürften dichkeinen Augenblick mehr alleine lassen. Hinaus kommst du jetzt sowieso nicht. Vielleichtist bis dahin alles geklärt." Sie nickte, dann stellte sie die Schale ab und faltete dieHände. "Ich werde für dich beten. Mach' die Augen zu, wenn es dich stört. Ella sagt, duhättest ihr mit einem <strong>St</strong>oss das Leben gerettet." Sie seufzte und strich mir von der <strong>St</strong>irnherab über die Augen, so dass ich sie schliessen musste. "Heilige Jungfrau -" IhrMurmeln beruhigte mich tatsächlich, und ich spürte, wie ich unter ihren leisen Worten"bitte für uns" davon driftete.Ich schlief und wachte, schlief und wachte. Allmählich unterschied ich auch andere

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