86auch die alte Else. Niemand sonst tut so etwas.""Der ist wie der Wolf in der Geschichte von dem Mädchen mit der roten Mütze!" Lenarutschte vom Bett herunter. "Vielleicht bin ich nicht halb, weil ich noch kleiner war. Aberdie Hölle ist noch halb in mir.""Das wird wohl eine Weile so sein. Versuche immer, wenn du so meinst, in dir zuertrinken, zu reden. Geh' zu deinen Eltern oder zu deiner besten Freundin. Guck', dassdu diese halbe Hölle teilen kannst und nicht hineinfällst, verstehst du das?"Lena schaut unschlüssig von mir zu Anna."Nicht so ganz.""Du sollst selber schwimmen lernen in deinem Bauch." Anna lachte, dann zerrte sie mirdie Decke weg. "Komm', steh' auf, wir gehen in die Küche und dann machst du unsBrote und Malz und dann erzählst du uns eine Geschichte.""Ja." Lena nickte. "Eine, in der ein tapferes Mädchen vorkommt, die alles kann und alleSchwanz-Ärsche besiegt!""Das sagt man nicht!" rief Anna und reichte mir meine Hose vom Boden, während ichnachdachte, woher die Kinder in dieser heiligen Gemeinschaft wohl solche Worte gelernthatten.Ella stellte ihren Korb auf einen Baumstumpf."Lass' die Pilze, Johanna. Man sieht aus drei Metern Entfernung gegen das Licht, dassdas nicht deine Lieblingsbeschäftigung ist."Ich setzte mich neben sie auf einen abgesägten <strong>St</strong>amm. In einiger Entfernung hörtenwir die Männer bei den Holzarbeiten. Um uns herum standen ein paar durch Vieh- undWildverbiss arg zerknickte <strong>St</strong>räucher, an einer <strong>St</strong>elle war auch eine Schneise durch dasUnterholz geschlagen. Hin und wieder hüpfte ein Vogel durch das Gesträuch oder einkleines Tier raschelte im Vorjahreslaub auf dem Boden. Ella nahm einen Pilz aus demKorb, roch daran, drehte und wendete ihn vor den Augen."Natürlich bist du an allem Schuld, Johanna! Hätten wir nicht so eine wie dichaufgenommen... und so weiter. Joli allein hat mich gross angesehen. Ich glaube, siewusste genau, wovon ich redete. Aber sie traute sich wohl nicht, etwas zu sagen.Immerhin: Sarah will mit ihrer Tochter sprechen. Meine eigene Mutter meinte, selbstwenn er so etwas täte, sei doch alles nicht so schlimm. Die Kinder würden oft so etwasaufbauschen, und ausserdem, Pater John ist unentbehrlich!" Sie warf den Pilz in denKorb zurück und zog entrüstet die Nase hoch. "Und was tun wir jetzt?""Was hat Heinrich bei den Männern erreicht?""Keine Chance! Er versuchte vorsichtig, das Thema 'Schule' bei der Morgenbesprechungeinzubringen. Nichts. John hat alles von vorneherein abgewürgt. DieMorgenbesprechung sei dazu da, den Tag zu planen, Schule sei Frauensache. Und imÜbrigen: Gelobt sei Gott in der Höhe." Wir schauten uns hilflos an. "Das ist ja wirklichwie Watte - Jo, das ist ja wirklich nicht zu glauben!""Lass' deine Kleinen zu Hause, und warten wir ab, ob Sarahs Fragen mehr Klarheitbringen. Irgendetwas wird sich tun, Ella, schliesslich ist die Sache nun durch die Frauenin der Welt.""Vielleicht hat Heinrich Recht und wir sollten gehen. Johanna, du wirst doch auch nichtglücklich in diesem frommen Haufen." Sie legte mir ihre Hand auf den Arm.
87"Du denn?"Sie lächelte. "Als brave Konse hatte ich grosse Chancen dazu. Aber schon <strong>als</strong>eigenwillige Konse wird es schwierig."Die <strong>St</strong>immen der Männer im Hintergrund waren verstummt, die baumfreie <strong>St</strong>elle mit denbereits geschlagenen <strong>St</strong>ämmen lag schweigend in der wärmenden Mittagssonne da."Sie sind wohl schon essen, wir sollten uns auch auf den Weg machen." Sie griff nachdem Korb, <strong>als</strong> ich plötzlich ein knarrendes Geräusch vernahm. Ich starrte nach oben. Dieriesige Baumkrone stürzte wie in Zeitlupe aus dem gesprenkelten Himmel auf uns zu,kaum in der Perspektive zu sehen vor dem Laubschattenspiel der anderen Bäume undÄste, nur dieses Ohren betäubende Krachen! Ich stiess Ella mit Macht über ihren Korbbeiseite und versuchte, mich mit dem gleichen Schwung nach links zu werfen. Dann wardas Prasseln und Bersten über mir und ich vernahm nichts mehr <strong>als</strong> eine abgrundtiefeDunkelheit und das lange Schweigen vor dem Tod.Das erste, was ich hörte, waren leise <strong>St</strong>immen. Ich versuchte, ein Auge zu öffnen, undmein Blick fiel auf einen dieser breiten Röcke mit der dunklen Schürze darüber. Zweialte, knorrige Hände hielten eine Schale, aus der sie nun ein Tuch zogen und esausdrückten. Die Gestalt beugte sich vor. Es war Lauras <strong>St</strong>imme, die sagte:"Sie wacht auf." Dann senkte sich ihr Kopf herab, und legte mir das irgendwie nach Teeund Bitterkeit duftende Tuch auf die <strong>St</strong>irn. "Du kannst die Augen zu lassen. Der Teebeisst. Und lieg' still! Du hast einen Oberarm gebrochen und wahrscheinlich dasSchlüsselbein. Was mit deinem Kopf ist, wissen wir noch nicht.""Er tut weh!" Meine Worte dröhnten von Hirnplatte zu Hirnplatte, meine Ohrenkrümmten sich vor Schmerzen."Natürlich -""Ella -""Ihr habt Glück gehabt. Der <strong>St</strong>amm ist zwischen euch heruntergerasselt. Ella ist mit demSchrecken davongekommen und hat Hilfe geholt.""Was ist denn passiert?""Du fragst schon wieder zuviel. Na ja, es ist nicht mein Kopf, der schmerzt. Die Männerhatten vor dem Essen einen <strong>St</strong>amm verkeilt, den sie angesägt hatten. Sie wollten ihnam Nachmittag fertig fällen. Die <strong>St</strong>ützen oder Keile sind umgebrochen, ein Tier oder somuss daran gekommen sein." Sie schwieg und sah mich nachdenklich aus ihren altenAugen an. "Du hast Unruhe ins Dorf gebracht, Johanna. Aber ich weiss nicht, was ichsagen würde, wenn es Ella getroffen hätte, ich habe ja nur noch sie." Ihre alten Händerührten in der Flüssigkeit herum, dann nahm sie mir das Tuch von der <strong>St</strong>irn. "Das istgegen Fieber und für deinen Kopf. Schlaf' jetzt. Heinz hat gesagt, wir dürften dichkeinen Augenblick mehr alleine lassen. Hinaus kommst du jetzt sowieso nicht. Vielleichtist bis dahin alles geklärt." Sie nickte, dann stellte sie die Schale ab und faltete dieHände. "Ich werde für dich beten. Mach' die Augen zu, wenn es dich stört. Ella sagt, duhättest ihr mit einem <strong>St</strong>oss das Leben gerettet." Sie seufzte und strich mir von der <strong>St</strong>irnherab über die Augen, so dass ich sie schliessen musste. "Heilige Jungfrau -" IhrMurmeln beruhigte mich tatsächlich, und ich spürte, wie ich unter ihren leisen Worten"bitte für uns" davon driftete.Ich schlief und wachte, schlief und wachte. Allmählich unterschied ich auch andere
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