13.07.2015 Aufrufe

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

23nicht so viel vom freien Fluss der Informationen, die ja auch in die f<strong>als</strong>chen Hände,sprich männliche, geraten und somit missbraucht werden konnten.Zugang zur Computertechnik wurde nur den Oberen gestattet und ausEnergieersparungsgründen griff man weitestgehend wieder auf eher mechanischeSchreibapparate zurück.Es zog allerdings durch die Fensterritzen, und da der Raum sehr schön luftig und grosswar, wusste ich einen besseren Verwendungszweck für ihn <strong>als</strong> die kalteLiteratinnenstube im ersten <strong>St</strong>ock.Ich mag es, beim Schreiben Kartoffelchips zu knabbern oder literweise Kaffee-Verkehrtzu trinken. Deshalb beschloss ich, das Schreibzimmer ins Erdgeschoss, in den grossenSalon zu verlegen, da war es zur Küche nicht so weit. Ich streiche mir gerne grosseButterbrote, trage sie an den Schreibtisch und trinke, wenn es geht, in denAbendstunden Bier mit und ohne Alkohol dazu. Das Schreiben wird so zu einem direktenund sehr profanen Verdauungsvorgang: Was ich hineinfresse, spucke ich aus.Ohne meine subversiven Kletter- und Demonstrantinnenaktivitäten, für die mir diePutzkolonne, die meine Mutter führte <strong>als</strong> Basis diente, und die ich <strong>als</strong> Aelteste, nebenmeiner literarischen Tätigkeit einmal übernehmen musste, wäre ich vermutlich einaufgeschwemmter, weiblicher Buddha mit Fettklösschen unter den Schweineäugleingeworden, ähnlich jener spätpatriarchalen U.S.A.-Autorin, deren Bücher ich,glücklicherweise, ebenfalls in den Regalen vorfand. War sie doch, neben einigen nichtmehr genannten, männlichen Autoren und Lyrikern der <strong>St</strong>ilepochen davor, eine meinergrossen Schreibevorbilder gewesen. Deshalb achte ich darauf, dass Küche undArbeitszimmer möglichst nahe beieinander liegen. Ja, ich lebte zeitweilig in einerWohnung, in der ich Küche und Schreibstube im gleichen, grossen Raum untergebrachthatte, während das kleinere Schlafzimmer durch das danebenliegende, beinahe ebensogrosse Bad eine gewisse Lebensqualität erhielt.Das Badezimmer der Villa Garbo machte dem Namen der grossen, spätpatriarchalen undselbstverständlich in unserer Kulturgeschichtsschreibung lesbischen Schauspielerin alleEhre: Es reichte wohl in den Flachdachanbau hinein, der vermutlich wegen dieserBadezimmererweiterung überhaupt dam<strong>als</strong> angebaut worden war und lag schräggegenüber, neben der Treppe. Grob geschätzt, umfasste es mindestens zwanzigQuadratmeter. Neben einer grossen, doppelten Liegewanne war ein Badebecken in denBoden eingelassen, in dem ein dreijähriges Kind gut Schwimmunterricht hätte nehmenkönnen. Es gab Duschen mit allen möglichen Massagevariationen, ein von untenheizbares Klo mit Bücherablage daneben, einen grossen Kleiderschrank für Badetücherund Klamotten.Da ich ja keinerlei gesellschaftlichen Verpflichtungen mehr unterlag, bestand meinegesamte Garderobe aus mehreren Trainingsanzügen, natürlich Baumwolle und schönbunt, denn die Frauenwelt lehnt synthetische Kleidung rigoros ab. Es gab <strong>St</strong>apel von T-Shirts mit und ohne lange Ärmel, Unterhosen in keuschen Grössen, Tennissocken,Wollsocken, und am Boden des Schrankes fand ich von Turnschuhen bis Gummistiefelmehrere Variationen von Schuhwerk für alle Lebenslagen, inklusive warmer Filzlatschenfür das Haus.Schon immer wussten die Leute, dass Frauen sich mit den sozialen Seiten deszwischenmenschlichen Lebens besser auskennen und von daher auch längst begriffen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!