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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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131Ich schüttelte den Kopf. Shulamith gab mir die Hand."Nein, das meine ich auch nicht so. Ich glaube dir, dass du gerne zurück willst. Du bistviel zu abenteuerlustig. Ich denke, so ein Leben wie unseres hier würde dir sogarzusagen. Aber ich habe auch Angst. Angst um dich, Angst vor etwas Seltsamem, wovordich Keine und Keiner schützen kann. Das sind nicht mehr eure sauberen Uniformierten,nein, das ist etwas anderes, was du vorhast, etwas, das nicht einmal ich ahnen kann.Wenn ich dich begleite, dann weiss ich wenigstens, dass du dort sicher angekommenbist, wohin du wolltest und ich muss mir keine Vorwürfe machen, dass ich dichlosgelassen habe." Sie stand auf. "Ich will jede Zeit mit dir nutzen und jeden Moment,so lange es möglich ist." Sie schwieg, schaute mich ernst an, dann fasste sie meineHand und lächelte. "Komm mit. Wir fahren 'rüber zu den Kollegen und besprechenunsere Route und den ganzen Plan. Wenn sie einverstanden sind, brechen wir in ein,zwei Tagen noch auf."Auf dem Gummen im Jahr 135 ( 2135 n. d. Zt. )Man kann das Denken verbieten, das Lesen, die Liebe, das Singen.Doch nichts ist so schlimm, wie verbotene Musik, denn ihr Verbot bedeutet, dass dieSchlüssel zu anderen Kammern des Verbotenen fort geworfenen werden. In vergesseneAbgründe, in denen selbst der Vorgang des Vergessens verloren ist.Man kann die Liebe jahrtausendelang verbieten, wenn es sein muss. Kein Menschmerkte das im Patriarchat. Die Leute glaubten jahrhundertelang, dass Liebe schlecht sei.Man glaubte alten, unverheirateten Priestern, dass einzig Kinder der Zweck liebenderVereinigung seien und sehr weit fort war das Gefühl, dass Liebe jeglicher Art ihrenZweck in sich selber trägt.Es reichen Opferfeste und Besamungsreisende, es reichen Bilder und Sätze, es reichenWeihrauch und Gottgestalten, um menschliche Triebe zu bremsen. Wir wären keineMenschen, wenn wir das nicht lange geübt hätten.Händlerseelen, die wir sind seit die erste Äffin vom Baum stieg, wissen wir, dass es sicheventuell lohnt, vor dem Fressen die Kokosnüsse zu zählen, um den Überschuss mitunseren Verbündeten zu teilen, denn diese hüten die Jungen, wenn wir weiter Nahrungsuchen und lausen uns das Fell zu Verlängerung der Gesundheit.Es ist gut, das selbstständige Lesen von Geschichtsbüchern zu verbieten, denn sonstlernt das Mädchen, wie schnell beispielsweise Menschen bereit sind, ihre Freiheit vordem Altar fanatischer, kleiner Männer mit Schnauzbärten zu opfern, wie rasch es geht,eine Basisdemokratie in eine Diktatur der Wenigen zu verwandeln.Das Dilemma der Frauenwelt war jedoch, uns Bücher geben zu müssen, um dieSchlechtigkeit des Patriarchachts aufzudecken: Um zu lernen, wie gut es uns ging,mussten wir wissen, wie schlecht es den Frauen davor ergangen war. Und das lerntenwir eifrig, denn jener "haltet-den-Dieb-Geste" lag die historische Wirklichkeit zugrunde,dass das dam<strong>als</strong> wirklich der Dieb gewesen war und sie verdeckte den Umstand, dassirgendwann der edle Ritter Frauenbefreiung unter der Hand zu üblen Hexe Apfeldiebverkommen war.Die Zwiespältigkeit zwischen Anpassung und Aufklärung wurde durch einen anderen

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