78duftende <strong>St</strong>ube. Erst konnte ich nichts Genaues erkennen, denn Pater John stand mitdem Rücken zu mir und Ute sass auf einem <strong>St</strong>uhl. Dann drehte er sich herum...da hinges heraus." Sie fuhr sich mit der Hand über den Mund, ich sah ihre Augen feuchtwerden. "Das war das einzige Mal, dass ich ihn prügeln sah. Erst starrte er mich an,dann schlug er Ute an den Kopf und zischte: 'So geht es euch beiden, wenn ihr nichtden Mund haltet. Sie ist nämlich Schuld daran und hat mich angefasst.' Ich weiss nicht,wie wir aus dem Haus herauskamen, ich erinnere mich nur, wie wir lange, lange, Handin Hand durch die Bäume irrten. Irgendwann fragte ich Ute, wie lang der das schonmache und warum sie das niemandem erzählt habe. Anscheinend versuchte sie es zuHause." Ella stellte den Teller hin. "Aber ihre Mutter, diese Frau! In der Dämmerungversuchten wir, nach Udars zurückzukehren, wir hatten uns verirrt, aber die Leutefanden uns irgendwie. Pater John war bei den Suchenden und tat sehr besorgt, <strong>als</strong> seinichts gewesen. Ich konnte es auch fast nicht glauben. Na ja, Ute und ich mussten niewieder nachsitzen. Ein halbes Jahr später ist sie in den Bodden gegangen - und ich habeihr nicht helfen können!""Hast du denn dam<strong>als</strong> mit deiner Mutter davon gesprochen?"Ella zuckte unter Tränen mit den Schultern."Du hast sie ja erlebt. Es ging irgendwie nicht. Und ich dachte, dass er aufgehört hat,jetzt, wo er älter ist und auch andere unterrichten." Sie stockte, dann fuhr sie hoch. "Duglaubst doch nicht, dass meine Tochter - dass er meine...?""Ich denke, er versucht es bei allen Mädchen, vielleicht auch bei den kleineren Jungen.Signalisieren sie Abwehr, lässt er sie vielleicht sogar in Ruhe. Den anderen: GnadeGott!""Sie müssen sofort da heraus!" Sie wollte aufspringen."Warte mal. Ich habe nämlich schon vorgesorgt: Das gleiche, um das dich deineFreundin dam<strong>als</strong> bat, habe ich von Erwin erbeten. Er hat noch zwei Freundeangestachelt. Sie wissen nicht, warum, aber es macht ihnen natürlich einenHeidenspass, immer dann Rabatz zu schlagen, wenn ein Mädchen nachsitzen soll. Inden letzten Tagen hat keines der jüngeren Kinder mehr alleine in Johns <strong>St</strong>ube hockenmüssen."Ella schaute mich erstaunt an."Du kommst aus einer Frauenwelt, du hast nichts mit Männern zu tun. Woher weisst duvon solchen Sachen?" Sie runzelte die <strong>St</strong>irn. "Sind wir Mädchen nicht vielleicht auch einbisschen daran schuld? Ich meine, John hat nun mal keine Frau. Und Ute, sie hatte soschönes, helles Haar und warf das auch immer so herum. Meine Mutter verbot mirsowieso immer, so dünn angezogen zu sein. Da ist mir vielleicht auch weniger passiert.""Zu dünn angezogen bist du bis heute, finde ich. Und was dir da passieren wird, sindSchnupfen und Heiserkeit. Das und nur das ist die logische Folge leichter Bekleidung!Euer Pater ist ein <strong>Dr</strong>ecksack und ekliger Kerl, und er alleine ist schuldig, sowohl an UtesTod <strong>als</strong> auch an Anna Bettnässen, vielleicht auch an weiteren Problemen anderer Frauenund Mädchen hier im Dorf!""Aber er ist doch so fromm!""Ein Arschloch ist er! Doch lass' uns über deine Töchter reden und die anderen Kinder.Du musst heute noch mit ihnen sprechen, ganz vorsichtig und mit Heinrich. HeuteAbend überlegen wir dann zu dritt, was zu tun ist, ja?"
79"Gab es denn solche Themen bei euch im Geschichtsunterricht?""Ein wenig ja - aber diese Art Macht, die kenne ich ganz woanders her - glaub' mir -."Ella sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an."Ich würde jeden Mord begehen, um Mädchen und Frauen vor solchen Leuten zuschützen!"Auf dem Gummen im Jahr 135 ( 2135 n.d. Zt. )Wie war es geschehen?Nicht hier bei diesen spätpatriarchalen Urchristen - nein!Bei uns, in den Ländern der Frauen, regiert von den heiligen Magna Matres oderähnlichen Institutionen, gebaut auf der matriarchalen Spiritualität vergangener,urzeitlicher Epochen. Diese Urchristen waren ja sowieso beinahe zum Lachen, wenn dasGanze nicht so traurig gewesen wäre: Die fromme Gemeinschaft entsprach bis insKlischee hinein genau jenen Vorstellungen, wie ich sie im Geschichtsunterricht gelernthatte: Ein männlicher Gott, extremste Ungleichheit zwischen Frauen und Männern,darüber hinaus dann Vergewaltigungen von Mädchen durch nahe stehende Erwachsene,die eigentlich beschützende und Vertrauen erweckende Haltungen einnehmen sollten!Wir hatten in unseren friedlichen Innenhöfen auch die Gründe für die sexuelle Gewaltpatriarchaler Männer gelernt und so hatte ich eigentlich mit irgendetwas dieser Art beiden Leuten von Udars gerechnet, nachdem ich sie näher kennen gelernt hatte. Vielleichterwartete ich nicht gleich mit diesem dunkelsten Kapitel patriarchalen Lebenskonfrontiert zu werden. Vielleicht dachte ich, auf einen prügelnden Ehemann zu stossen,der Konse wäre wohl durch ein paar Gegenschläge und Tricks aus denSelbstverteidigungskisten zu helfen gewesen. Auch, dass es so verstohlen war, dassEiner ganze Schülergenerationen terrorisieren konnte ohne aufzufliegen, das hatten wirin unseren Schulen gelernt.Aber dass mein Magen mir diese ganze Geschichte bereits erzählt hatte, ehe ich diewörtliche Bestätigung durch Ella bekam, das hätte ich nicht gedacht, das hatte ich niegelernt.Es war dieses Gefühl im Magen, dieser elende Krampf, der mich weit von dieser Inselfort trug, weiter noch zurück <strong>als</strong> in meine Schreibevilla mit den seltsamenResozialisierungsmassnahmen, viel weiter zurück, bis hin zu den ersten öffentlichenFesten, die ich miterleben musste.Die Frauenwelt war eine reine Welt, eine gute Welt. Aber dieses seltsame Gefühl, dasmein Leben in dieser Welt begleitet hatte, war immer da, vielleicht sogar lange vor demersten schwarzen <strong>St</strong>öhnen auf dem grossen, öffentlichen Platz."Du bist halt unruhig!" pflegte meine viel beschäftigte Frau Mutter zu sagen. "Du bisteigenwillig, und wahrscheinlich hast du das sogar von mir! Gehe und beschäftige dichdoch mit sinnvollen Sachen." Und schon hatte ich einen Korb nasser Wäsche zumAufhängen in der Hand oder einen Auftrag für eine der Nachbarinnen von derSippenstrasse.Es gab zu dieser krampfigen Unruhe kein Wissen, keinen Glauben, nur unserejugendlichen Reaktionen, die konspirativen Gruppen, die weissen Ratten und Sperlinge,
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